Versicherung und das Geheimnis eines kontroversen Startups
2024-12-27
Autor: Leonardo
Stefan Mäder zählt zu den mächtigsten Wirtschaftskapitänen der Schweiz. Der Ökonom spielt eine zentrale Rolle im Verwaltungsrat von Ringier, präsidiert den Versicherungsverband und ist Mitglied des Vorstands von Economiesuisse. Doch seine prominenteste Rolle hat er als Verwaltungsratspräsident der Mobiliar, einer der größten Versicherungsgesellschaften des Landes mit Sitz in Bern.
Hinter der Fassade des angesehenen Unternehmens Mobi, wie die Mobiliar liebevoll genannt wird, brodelt es. Insider berichten von Bonuszahlungen in Höhe und Weise, die für eine Genossenschaft untypisch sind. Diese internen Machtspiele sind nichts für zarte Gemüter.
Die spannende Geschichte nimmt ihren Anfang im Sommer 2019 im Zürcher Prime Tower, dem prickelnden Herz der Schweizer Geschäftswelt, als Mäder überraschend aus dem Verwaltungsrat der Nexxiot, einer Tochtergesellschaft der Mobiliar, aussteigt. Nexxiot ist ein aufstrebendes Unternehmen, das mit innovativer Technologie darauf abzielt, globale Lieferketten zu optimieren.
Die Mobiliar war bereits frühzeitig am internationalen Erfolg von Nexxiot beteiligt und investierte angeblich bis zu 45 Millionen Franken in zwei Runden, was auf eine bemerkenswerte Unternehmensbewertung hinweist. Doch bald nach Mädels Rücktritt beginnt ein aggressives Vorgehen, um die Kontrolle über Nexxiot zu übernehmen.
Anfang 2020 kommt es zu einer großen Kapitalerhöhung, durch die die ursprünglichen Aktionäre stark verwässert werden. Jetzt haben die Mobiliar und ihr Partner, der Swiss Entrepreneurs Fund, das Sagen mit rund 75 % der Stimmen.
Die drastischen Maßnahmen hatten weitreichende Konsequenzen. Der Gründer von Nexxiot verlor nicht nur seine Anteile, sondern wurde auch aus dem Unternehmen gedrängt, nur fünf Jahre nach der Gründung. In Bern hingegen war Stefan Mäder überglücklich – ihm standen alle Türen für seine weitere Karriere offen.
Im Frühling 2023 krönte er seine Laufbahn mit seiner Ernennung zum Präsidenten der Mobiliar. Diese Beförderung wurde maßgeblich einem anderen Mann zu verdanken, Sebastian Preil, der im Asset Management bei der Mobiliar tätig ist und eine entscheidende Rolle beim Übernahmeprozess von Nexxiot spielte. Preil soll dem Nexxiot-Gründer "die Pistole auf die Brust gedrückt" haben, um einen Verkauf unter Druck durchzusetzen.
Kurze Zeit später wurde Preil selbst in den Verwaltungsrat von Nexxiot berufen und füllte den Platz von Mäder. Die Öffentlichkeit bleibt im Unklaren über die genauen Investitionssummen und deren aktuelle Bewertungen, doch bei der Mobiliar wurde ein Anstieg des Anteils von 24 auf 48 % dokumentiert, bevor er bis Ende 2023 wieder auf 24 % fiel.
Es wird gemunkelt, dass Preil eine „bunte“ Figur im Management ist, mit engen Verbindungen zu verschiedenen Startups wie Bexio und dem inzwischen geschlossenen Liiva. Diese Verbindungen haben ihm auch einen Platz im Advisory Committee des Swiss Entrepreneurs Funds eingebracht.
Darüber hinaus ermöglichte ihm die Mobiliar einen Kurs an der prestigeträchtigen Harvard Business School auf Firmenkosten. Diese Erfolge dürften jedoch nur kleine Fischchen im Vergleich zu den Gerüchten über die Boni sein, die laut einem ehemaligen Nexxiot-Geschäftsführer aus einem sogenannten „Honey Pot“ der Mobiliar fließen.
Der Ex-Manager erheben schwere Vorwürfe und spricht in einer Klage über diese besonderen Bonuszahlungen, die potenziell auch Preil betreffen. Auf eine Anfrage zu den Bonuszahlungen und dem gegen die Nexxiot gerichteten Prozess reagierten beide Unternehmen bisher nicht, ebenso wenig wie Preil persönlich.
Nach seinem Abgang bei der Mobiliar im Jahr 2022 behielt Preil seine Position inden Beteiligungen und wechselte zu Eevolve, einem Unternehmen, das die Direktinvestments der Mobiliar verwaltet. Dort hat er die Rolle des „Head Business Development“ übernommen.
Diese Umstrukturierung war Teil einer Strategie zur Effizienzsteigerung der Mobiliar. Mäder, jetzt im Präsidentenstuhl der Mobiliar, nutzt seine neu gewonnene Macht ebenfalls. Berichten zufolge hat er sich sofort eine Limousine für Geschäftsfahrten genehmigt, die ihn nach Bern ins luxuriöse Bellevue Palace chauffiert. Die Frage bleibt: Wohin führt das alles? Die Aktionäre und die Öffentlichkeit sollten ein wachsames Auge auf dieses Unternehmen haben.