
"Ein Chor für alle Fälle": "Ich überforderte sie in den Proben bewusst"
2025-04-03
Autor: Nina
Inklusivität in der Kunst – ein großes Wort, aber wie oft wird es wirklich gelebt? Susanne Kunz stellt sich dieser Herausforderung und leitet einen einzigartigen Chor, in dem Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam ihre Stimmen erheben. Sie fordert und überfordert, und dabei lernt sie sich selbst neu kennen. Wir sprechen über Mut, Scheitern und echte Verbindungen in der heutigen Gesellschaft.
Susanne Kunz beschreibt die Zusammenarbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen als eine wertvolle Erfahrung. "Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten, die nicht auf den ersten Blick zu durchschauen sind. Diversität bereichert das Leben und die Kunst", sagt sie. Leider hat man im Alltag selten Kontakt zu Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, weshalb sie besorgt über den Mangel an Inklusion ist. Kunz betont, wie entscheidend es ist, diese Menschen gleich zu behandeln und nicht schonend zu behandeln.
Während ihrer Proben forderte sie die Choristen absichtlich heraus, um ihre Ängste zu überwinden und gleichzeitig ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Ihr Ziel war es, dass jeder einzelne auf der Bühne im renommierten KKL seine Kraft entfalten und stolz auf sich sein kann.
Die größten Herausforderungen lagen jedoch nicht nur in der Anleitung, sondern auch im Aufbau von Vertrauen – sowohl in die Sänger als auch in sich selbst, da sie sich in einer ungewohnten Situation befand. „Es galt, die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse aller Beteiligten zu berücksichtigen“, erklärt sie.
Ein bedeutender Unterschied zwischen der Arbeit mit einem inklusiven Laienchor und professionellen Musikerinnen und Musikern ist die Art der Kommunikation. Beeinträchtigte Personen kommunizieren oft direkter und emotionaler, was auch für professionelle Kreative eine wertvolle Lektion sein könnte.
Kunz hat durch das dokumentarische Format, in dem ihr Projekt festgehalten wurde, gelernt, authentisch zu sein und sich nicht hinter einem „perfekten“ Erscheinungsbild zu verstecken. "Ich habe gelernt, auch vor der Kamera ungeschminkt zu sein und mich selbst treu zu bleiben."
In der Kunstszene sieht sie nur selten, dass Personen mit Beeinträchtigungen einbezogen werden, und schlägt vor, mehr systemische Vermischungen zu schaffen. Dies würde die Kultur erheblich bereichern.
Ihr neuestes Projekt gebührt ebenfalls der Aufmerksamkeit: „Fascht Normal“, ein Musical über eine Familie mit einer bipolar erkrankten Mutter, thematisiert wichtige gesellschaftliche Fragen rund um psychische Gesundheit. Die Premiere findet am 11. April im Zürcher Theater Seefeld statt und wird von vielen mit Spannung erwartet. Außerdem ist im Herbst die SRF-Sitcom „Unsere kleine Botschaft“ geplant, die sich derzeit in der Rohschnittphase befindet. Dieses Engagement für Inklusivität und Vielfalt ist mehr als lobenswert und zeigt, wie Kunst als Medium zur Veränderung in der Gesellschaft dienen kann.