ETH Zürich verschärft Zugang für Studierende aus Sorge vor Spionage
2024-11-04
Autor: Gabriel
Hat die ETH Zürich einen de facto Bann gegen chinesische Studierende verhängt? Diese besorgniserregende Frage schwebt momentan über der renommierten Hochschule, während sich Stimmen im Internet und auf Plakaten beschweren, dass chinesische Studierende aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden. Die Situation hat zu einem internationalen Aufschrei geführt, einschließlich einer 'Schock'-Reaktion der chinesischen Botschaft in Bern.
Die ETH Zürich hat am Ende Oktober neue Zulassungsregeln bekannt gegeben, die Bewerbende aus 23 als risikobehaftet eingestuften Ländern, darunter China, einer besonderen Sicherheitsprüfung unterziehen. Diese Maßnahme zielt darauf ab, mögliche Spionageaktivitäten zu verhindern, da laut dem Schweizer Nachrichtendienst (NDB) heimische Hochschulen zunehmend ins Visier ausländischer Geheimdienste geraten, insbesondere aus China. Letztere, so heißt es, hätten in der Vergangenheit Fachkräfte als Wissenschaftler getarnt, um von den Forschungsressourcen in der Schweiz zu profitieren.
Statistiken zeigen, dass im vergangenen Jahr 1362 chinesische Studierende an der ETH eingeschrieben waren, was sie zur größten Gruppe aus den 23 risikobehafteten Ländern macht. Darüber hinaus unterliegen diese Länder internationalen Sanktionen, einschließlich der von den Vereinten Nationen, den USA und der EU.
Die neuen Richtlinien der ETH berücksichtigen neben der Herkunft auch andere Kriterien für eine mögliche Ablehnung, wie z.B. das vorherige Studium an militärnahen Universitäten oder das Erhalt von Stipendien aus fragwürdigen Quellen. Die neuen Regeln sorgen für Verunsicherung unter den chinesischen Studierenden, die befürchten, künftig von der ETH ausgeschlossen zu werden. In Diskussionen finden viele diese Maßnahmen überzogen und warnen davor, dass sie dem Standort Schweiz langfristig schaden könnten.
Ein Student, der anonym bleiben möchte, äußerte Bedenken, dass solche Änderungen ein Gefühl von Diskriminierung hervorrufen und viele Chinesen hier, die für eine bessere Zukunft arbeiten, in ein schlechtes Licht rücken würden. "Wir sind hier, um zu lernen, nicht um mit dem chinesischen Regime identifiziert zu werden", sagt er.
Die ETH hat jedoch betont, dass die Herkunft nur ein Teil des Bewertungsprozesses ist und dass jede Bewerbung individuell geprüft wird. Der Vergleich mit dem Naziregime, wie er auf einigen Plakaten geäußert wurde, wird scharf zurückgewiesen.
Professor Ralph Weber von der Universität Basel erklärt, dass auch viele andere europäische Universitäten vor der Herausforderung stehen, angemessen auf den angespannter werdenden geopolitischen Kontext zu reagieren. Er hebt hervor, dass die ETH bereits vor zwei Jahren eine Vorreiterrolle in der Etablierung einer Kontrollstelle für Exportanträge einnehmen konnte.
Die Chinesen in der Schweiz sind verhältnismäßig gut organisiert, was zu den heftigen Reaktionen auf die neuen Regeln beigetragen hat. Jedoch spiegeln nicht alle chinesischen Studierenden die nationalistische Rhetorik wider, die in einigen Onlineforen zu finden ist. Viele sprechen sich auch für eine verantwortungsvolle wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und China aus und wollen sich weiterhin für eine offene Diskussion einsetzen.
Insgesamt bleibt es abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird und welche weiteren Impulse diese Diskussion in der internationalen Forschungslandschaft auslösen könnte.