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Wie Polizei und Aktivisten Pädokriminelle im Internet verfolgen

2025-03-19

Autor: Lukas

In Zürich läuft eine undercover Fahndung der Stadtpolizei, die auf einen mutmaßlichen Pädokriminellen abzielt. Ermittler Michael Schuchter gibt sich in Chats als 14-Jähriger aus und berichtet über explizite sexuelle Angebote, die er erhält: "Oralverkehr, Analverkehr – er hat genau beschrieben, was er machen will", erklärt Schuchter.

Immer mehr Täter nutzen das Internet, um Kinder zu kontaktieren und sexuelle Übergriffe zu planen. Dieser Vorgang, bekannt als Cybergrooming, geht oft einher mit den Tätern, die sich als gleichaltrige Kinder ausgeben, um Vertrauen zu gewinnen.

Laut der James-Studie der ZHAW wird jeder zweite Teenager zwischen 12 und 19 Jahren in der Schweiz online mit unerwünschten sexuellen Absichten angesprochen – eine besorgniserregende Statistik, die die Dringlichkeit des Problems verdeutlicht.

Aileen, eine kaufmännische Angestellte aus der Westschweiz, versucht ebenfalls, Pädokriminelle aufzuhalten. Sie gehört zu einer Gruppe von so genannten „Pädojägern“, die mutmaßliche Täter aus dem Internet identifizieren und der Polizei melden. Für ihre Arbeit chatten Aileen und ihre Kollegen als Kinder in Online-Plattformen, um Informationen zu sammeln. Die erhaltenen Nachrichten sind niederschmetternd: "Wie geht es deinen Brüsten? Ich würde dich gerne lecken. Solche Nachrichten erhält ein dreizehnjähriges Kind", sagt Aileen.

Mit ihrem Engagement hofft Aileen, die Polizei bei der Bekämpfung von Pädokriminalität zu unterstützen. Sie ist Teil des „Team Moore“, einem Kollektiv aus Frankreich, das bereits über 500 Dossiers an die Polizei in 13 verschiedenen Ländern übergeben hat. In der Schweiz hat das Team bislang drei Fälle gemeldet. In einem Fall aus dem Kanton Waadt läuft bereits ein Strafverfahren. Ob es zu einer Verurteilung kommt, bleibt abzuwarten, da der Mann dem Mädchen mehrmals Treffen vorgeschlagen hat. "Ohne unser Eingreifen wären diese Individuen vollkommen unter dem Radar des Justizsystems durchgekommen", erklärt Aileen.

Die Polizei sieht die Aktivitäten von Privatpersonen, die in das Polizeihandeln eingreifen, kritisch. Beat Rhyner, Leiter der spezialisierten Ermittlungen der Stadtpolizei Zürich, äußert Bedenken: "Es ist oftmals unklar, ob das, was uns die Privaten liefern, vor Gericht verwertbar ist. Wir möchten unsere knappen Ressourcen auf die Fälle verwenden, bei denen tatsächlicher physischer Kontakt zu Kindern gesucht wird."

Die Stadtpolizei Zürich zählt zu den wenigen Polizeikorps in der Schweiz, die solche verdeckten Einsätze durchführt. Jährlich werden hier zwischen 15 und 20 mutmaßliche Pädokriminelle verhaftet. Der Ermittler Schuchter kann etwa 20 Prozent seiner Arbeitszeit für diese Einsätze aufwenden. Auf die Frage, warum nicht mehr solcher verdeckten Operationen durchgeführt werden, antwortet Rhyner: "Wenn wir das wirklich verstärken wollen, müssten wir die Ressourcen aufstocken. Das ist eine politische Frage."