
Uraltes Manuskript aus dem Schatten der Geschichte entdeckt
2025-04-01
Autor: Simon
Die zauberhafte Welt von König Artus und dem mächtigen Zauberer Merlin übt seit Jahrhunderten eine unwiderstehliche Faszination auf Menschen aus. Ursprünglich wurden diese Geschichten mündlich überliefert und erst später schriftlich festgehalten, was Manuskripte aus der Zeit vor der Erfindung des Buchdrucks von unschätzbarem Wert macht. Jetzt hat ein Forscherteam der renommierten Universität Cambridge ein solches Manuskript aus seinem Dornröschenschlaf erweckt und erfolgreich digitalisiert.
Das nun entdeckte Manuskript stammt aus einer Zeit zwischen 1275 und 1315 und war auf äußerst kreative Weise versteckt: Es diente als Einband eines Besitzverzeichnisses des Huntingsfield Manor, einem englischen Anwesen aus dem 16. Jahrhundert. Das Buch gelangte in den 1970er-Jahren in den Besitz der Universität Cambridge, doch es war erst 2019, als ein aufmerksamer Archivar auf den unscheinbaren Schatz aufmerksam wurde. Dieser Moment leitete eine jahrelange, technologisch ausgefeilte Detektivarbeit ein.
Das fragile Manuskript hatte eine besondere Funktion, da es als Verstärkung für den Einband diente und deshalb in Stücke geschnitten und vielfach gefaltet worden war. Die aufwendige Technik der multispektralen Bildgebung ermöglichte es den Forschenden, verschiedene Lichtwellenlängen, einschließlich Ultraviolett und Infrarot, zu nutzen, um Schriftzüge und Details sichtbar zu machen, die mit bloßem Auge verborgen geblieben wären.
Zusätzlich arbeiteten die Wissenschaftler mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachbereich Zoologie zusammen und setzten einen CT-Scanner ein, der normalerweise für die Untersuchung von Fossilien verwendet wird. Damit gelang es ihnen, die verschiedenen Schichten des kostbaren Pergaments zu entdecken, ohne das Buch physisch zu beschädigen. Hunderte von Bildern wurden von den verborgen liegenden Teilen des Manuskripts aufgenommen, die unter Falten verborgen oder in den Einband eingenäht waren.
Bei der Analyse stellte sich heraus, dass das Manuskript einen Teil der "Suite Vulgate du Merlin" enthielt – einer altfranzösischen Fortsetzung und Erweiterung der Artus-Sage. Es existieren weltweit weniger als 40 Exemplare dieser Fortsetzung, von denen kein einziges exakt gleich ist. Jeder Schreiber hat das Original nach eigenen Vorlieben interpretiert und seine individuelle Handschrift hinterlassen, erklärte Irène Fabry-Tehranchi, eine Französin und Spezialistin der Universitätsbibliothek, gegenüber der „New York Times“.
Das Manuskript umfasst zwei spannende Geschichten aus dem Ende der „Suite Vulgate“. Der erste Teil beschreibt den Kampf von Sir Gawain, dem Neffen von König Artus. Er besiegt zunächst rebellische Adelige, darunter sogar seinen eigenen Vater, und wehrt anschließend die Angriffe eindringender Sachsen mit Hilfe des Schwertes Excalibur und seines treuen Pferdes Gringolet ab.
Die zweite Erzählung schildert ein prachtvolles Festmahl zu Mariä Himmelfahrt, das von König Artus und seiner Künigin Guinevere ausgerichtet wird. Unerwartet betritt ein mysteriöser, blinder Harfenspieler mit einem weißen Hund den Saal und verzaubert alle Gäste mit seiner Musik. Erst viel später erkennt Artus, dass es sich bei diesem seltsamen Fremden um den legendären Zauberer Merlin handelt. Dieser Augenblick hebt die magischen Fähigkeiten Merlins hervor und verdeutlicht seine essentiellen Rolle als Berater des Königs, wie die Universität Cambridge betont.
Doch es sind nicht nur die fesselnden Geschichten von Artus und seinen tapferen Gefährten, die das Projekt so spannend machen. Fabry-Tehranchi betont, dass es bei dieser Arbeit nicht nur um die Erschließung eines Textes geht, sondern auch um die Entwicklung von Methoden, die auf andere Manuskripte angewendet werden können. Für die Forscher war dieser Prozess wie das Lösen eines überaus komplexen Puzzles. „Wäre diese Entdeckung vor 30 Jahren gemacht worden, wäre das Fragment vielleicht zerschnitten, aufgefaltet und platt gemacht worden“, sagt sie. Diese Entdeckung könnte nicht nur die literarische Welt der Artus-Sage bereichern, sondern auch die Methoden der Textforschung revolutionieren.