Welt

Rohingya in Sri Lanka: UNHCR zieht sich zurück – was bedeutet das für die Flüchtlinge?

2024-11-07

Autor: Leonardo

Ein einfaches Steinhaus im Süden Colombos spiegelt die triste Realität wider, in der viele Rohingya-Flüchtlinge leben. Im Inneren nur das Nötigste: ein Tisch, ein paar Plastikstühle und eine Wäscheleine, die mit improvisierter Kleidung vollgehängt ist. Abu Bakel, ein 28-jähriger Rohingya, sitzt in einem gelben Polohemd auf einem der Stühle. Er sieht aus wie ein Student, doch seine Geschichte ist tragisch.

Er berichtet: „Meine Eltern mussten Anfang der 1990er-Jahre vor der Militärjunta aus Myanmar fliehen.“ Dabei lebten sie jahrelang im Flüchtlingslager Cox's Bazar in Bangladesch, wo Abu Bakel geboren wurde und wo er seither als Flüchtling lebt. 2016 schmuggelten seine Eltern ihn mit Hilfe eines Agenten nach Sri Lanka, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Leider endete die Reise jedoch nicht wie erhofft.

In Sri Lanka ist das UNHCR für ihn und viele andere Rohingya nicht nur eine Hilfsorganisation, sondern die einzige Hoffnung. Trotz der Tatsache, dass Sri Lanka die internationale Flüchtlingskonvention der UNO nicht unterzeichnet hat, wurde Abu Bakel als Flüchtling anerkannt und erhielt zunächst eine bescheidene finanzielle Unterstützung.

„Das UNHCR hat uns anfangs umgerechnet 30 Franken im Monat gezahlt“, erinnert sich Abu Bakel. Mit Gelegenheitsjobs konnte er sich über Wasser halten, dennoch mussten er und die anderen Rohingya ständig um ihren Lebensunterhalt kämpfen – denn offiziell dürfen sie in Sri Lanka nicht arbeiten und laufen Gefahr, in Internierungslager gesteckt zu werden.

Doch die Situation hat sich dramatisch verschärft. Ende letzten Jahres stellte das UNHCR seine Hilfszahlungen ein und plant sogar den Rückzug aus Sri Lanka nach 35 Jahren. Grund sind finanzielle Engpässe, so die Organisation. Menschenrechtsaktivisten kritisieren diesen Schritt scharf, denn er stellt das Überleben vieler Rohingya in Frage.

„Wir wissen nicht, was jetzt mit uns passieren wird“, sagt Abu Bakel verzweifelt. Der Rückzug des UNHCR bedeutet für die Rohingya in Sri Lanka das Ende jeglicher finanzieller Unterstützung. Die Flüchtlinge sind auf der Insel gefangen, ohne Zugang zu staatlicher Hilfe, ohne Pässe und ohne Arbeitserlaubnis.

Die einzige Hoffnung auf Überleben sind private Spenden. Abu Bakel und die rund hundert weiteren Rohingya in Sri Lanka leben zurzeit von diesen Geldmitteln, die oft unregelmäßig fließen. „Wenn wir beim UNHCR anrufen, bekommen wir keine Antwort mehr“, schildert Mohammed Anwar, ein ehemaliger Englischlehrer und ebenfalls Flüchtling. Auch er fürchtet um seine Familie, die noch in Bangladesch lebt.

„Tagsüber reißen wir uns zusammen, aber nachts überkommt uns die Verzweiflung. Dann weinen wir“, gesteht der Enddreissiger.

Die Situation der Rohingya in Sri Lanka zeigt, wie wichtig internationale Unterstützung für Schutzbedürftige ist. Dennoch steht die Frage im Raum: Was können Regierungen und die internationale Gemeinschaft tun, um diesen Menschen, die vor Verfolgung und Gewalt geflohen sind, ein sicheres Leben zu ermöglichen? Ein Aufruf zur Solidarität ist dringender denn je.