Wissenschaft

Pestizide und das steigende Risiko für Parkinson – Ein Schweizer Bauer kämpft gegen das Schicksal

2024-12-22

Autor: Emma

Toni Barmettler, ein 54-jähriger Bio-Bauer aus dem Eigenthal, stellte eine alarmierende Veränderung in seinem Leben fest: Sein rechter Arm gehorchte ihm nicht mehr. Was für viele Menschen ein harmloses Problem sein mag, entpuppte sich für ihn als der Beginn einer schweren Erkrankung – der Parkinsonkrankheit. Diese Diagnose erhielt er 2018 vom Neurologen Stephan Bohlhalter am Luzerner Kantonsspital, und das mit nur 49 Jahren. Dies ist bemerkenswert, da die meisten Parkinson-Patienten über 60 Jahre alt sind.

Mit jedem Tag wird ihm klar, dass die Krankheit fortschreitet – Krämpfe, Zittern und Bewegungsschwierigkeiten sind nur einige der Symptome, die ihn plagen. Im Körper geschieht Folgendes: Die dopaminproduzierenden Nervenzellen in einem entscheidenden Bereich seines Mittelhirns, der „substantia nigra“, gehen nach und nach zugrunde. Zugleich reichert sich ein fehlgefaltetes Protein, das Alpha-Synuclein, an. Medikamente können lediglich die Symptome lindern, das Fortschreiten der Krankheit bleibt jedoch unaufhaltsam. Toni hofft auf einen milden Verlauf, doch die Realität ist oft grausam.

Die Zahlen sprechen eine alarmierende Sprache: Weltweit leiden mittlerweile über 10 Millionen Menschen an Parkinson – eine drastische Steigerung im Vergleich zu lediglich 4 Millionen vor 25 Jahren. In Deutschland wurde dieses Jahr ein Fachgremium gegründet, das die Annerkennung des pestizidbedingten Parkinsonsyndroms als Berufskrankheit empfiehlt. Dies könnte für Baueren, die täglich mit Pestiziden arbeiten, erhebliche Auswirkungen auf die Unterstützung und die Behandlungskosten haben.

Leider hat der Schweizer Bundesrat einen ähnlichen Antrag entschieden abgelehnt. Die Argumentation der Regierung besagt, dass Landwirte, die ihre Erkrankung auf Pestizide zurückführen können, bereits Ansprüche bei der Schweizerischen Unfallversicherung (Suva) geltend machen könnten. Doch die Hürden für diesen Nachweis sind hoch, und in der Schweiz ist kein einzelner Fall bekannt, der als pestizidbedingte Berufskrankheit anerkannt wurde.

„Ich habe keine genetische Vorbelastung“, erklärt Barmettler, der sich immer wieder fragt, warum er so früh von dieser schrecklichen Krankheit betroffen ist. Er arbeitete 30 Jahre auf Biobetrieben, hatte jedoch zuvor auch zehn Jahre lang konventionell in der Landwirtschaft gearbeitet. „Dort wurde auch gespritzt“, erinnert er sich, ohne genau zu wissen, welche Mittel verwendet wurden.

Die Verbindung zwischen Parkinson und Pestiziden wird durch internationale Studien unterstützt. Besonders alarmierend ist die Erkenntnis, dass es nicht nur ein einzelnes Pestizid ist, das das Risiko für Parkinson erhöht. Laut Experten gibt es inzwischen 53 verschiedene Wirkstoffe, die eine Schädigung der dopaminergen Neuronen nachweislich verursachen können. In Kalifornien sind strenge Vorschriften zur Verwendung von Pestiziden in Kraft, die eine lückenlose Dokumentation erfordern – ein System, das in der Schweiz gänzlich fehlt. Hier entscheiden sich viele Landwirte gegen eine genauere Aufzeichnung, da sie unter wirtschaftlichem Druck stehen und sich vor den Folgen fürchten.

Die Forschung zu diesem Thema ist ungewiss. Mehrere Studien haben eine erhöhte Erkrankungsrate unter Landwirten festgestellt, die Pestiziden ausgesetzt sind. Dabei wird betont, dass auch Menschen, die in der Nähe von landwirtschaftlichen Betrieben wohnen, einem höheren Risiko ausgesetzt sind. Sogar Erntehelfer aus Osteuropa, die jährlich auf den Feldern arbeiten, stehen oft unter gefährlichen Bedingungen, ohne angemessene Schutzmaßnahmen.

Erschreckend ist auch die Tatsache, dass Naturstoffe wie das Pestizid Rotenon nachweislich schädliche Wirkungen auf das Nervensystem haben können. Es ist ein weiteres Beispiel dafür, dass auch vermeintlich „natürliche“ Substanzen gefährlich werden können. Diese Artikel belegen deutlich, dass das Risiko nicht nur eine Sorge für die Landwirte ist, sondern auch für das gesamte umliegende Ökosystem.

Die Debatte um den Zusammenhang zwischen Pestiziden und Parkinson ist leidenschaftlich. Barmettler lebt mit der immer fortschreitenden Erkrankung und hat seine Tablettendosen erhöht. „Es wird immer schwieriger, meine täglichen Aufgaben zu bewältigen“, sagt er. Sein Arbeitsumfang hat sich bereits auf 60 Prozent reduziert, da er die körperliche Last und die täglichen Herausforderungen nicht mehr bewältigen kann. Trotz der beängstigenden Entwicklungen bleibt er in der Hoffnung, dass die Gesellschaft eines Tages die Abhilfen bieten kann, die er und viele andere dringend benötigen.