Technologie

Nach 20 Jahren harter Arbeit: Der Linux-Kernel ist jetzt Echtzeit-tauglich!

2024-09-20

Nach zwei Jahrzehnten kontinuierlicher Entwicklung und zehntausenden von Änderungen haben engagierte Entwickler des Linux-Kernels einen bedeutenden Meilenstein erreicht: Der offizielle Linux-Kernel ist nun in der Lage, strenge Echtzeitanforderungen zu erfüllen. Dies ist entscheidend für zahlreiche Anwendungen, wie zum Beispiel die Steuerung von Robotern in der Industrieproduktion oder für selbstfahrende Autos. Echtzeitverarbeitungen sind auch für die latenzarme und ruckelfreie Ausgabe von Audio- und Videoformaten unerlässlich. In der wissenschaftlichen Gemeinschaft wurde lange Zeit geglaubt, dass es unmöglich sei, ein General-Purpose-Betriebssystem wie Linux für harte Echtzeitdienste zu verwenden.

Die neuen Realtime-Fähigkeiten werden voraussichtlich mit der Veröffentlichung von Linux 6.12 am 18. oder 25. November 2023 verfügbar sein, es sei denn, es kommen unerwartete Probleme auf. Es ist jedoch zu beachten, dass die Standard-Kernel der gängigen Linux-Distributionen weiterhin keinen Support für harte Echtzeitanforderungen bieten werden. Der erreichte Fortschritt bedeutet nicht, dass Linux jetzt aus beliebiger Hardware und Software Echtzeitfähigkeiten herauskitzeln kann. Die Entwicklungsarbeit ist weiterhin im Gange, insbesondere im Hinblick auf den PREEMPT_RT-Patch und andere wichtige Anpassungen.

Die Entwickler haben sich auf einen Punkt konzentriert, an dem sie nicht nur die theoretischen Grundlagen für den Echtzeitbetrieb geschaffen, sondern auch praktische Lösungen entwickelt haben. Mit dem neuen Realtime-Support sollen Reaktionszeiten von lediglich 100 Mikrosekunden erreicht werden, wobei auf ARM64-, RISC-V- oder x86-64-Plattformen sogar noch schnellere Zeiten von etwa 10 Mikrosekunden möglich sind. Dies wurde durch umfassende Anpassungen der Printk-Infrastruktur erreicht, welche die Log-Ausgaben des Kernels effizient verwaltet.

Zusätzlich zur Einführung des Echtzeit-Supports wird auch die Unterstützung für weitere Prozessorarchitekturen diskutiert, einschließlich PowerPC- und 32-Bit-ARM-Systemen, welche noch kleinere Anpassungen benötigen. Diese Entwicklungen könnten weitere Aspekte der Echtzeitverarbeitung optimieren und möglicherweise die Verwendung der Technologie in mehr Geräten und Anwendungen ermöglichen.

Die damit einhergehenden Änderungen stellen jedoch nur die Spitze des Eisbergs dar. Der Echtzeithardware-Test und die benötigte Softwarekonfiguration sind notwendig, um sicherzustellen, dass die gewünschten Antwortzeiten in der Praxis auch tatsächlich erreicht werden. Die Herausforderung, die richtige Balance zwischen der Implementierung von Echtzeitsystemen und der allgemeinen Betriebssystemfunktionalität zu finden, bleibt bestehen.

Die Entwickler des RT-Trees haben über viele Jahre hinweg wertvolle Arbeit geleistet, die nicht nur die Echtzeitanforderungen im Focus hatte, sondern auch viele grundlegende Verbesserungen in anderen Bereichen des Kernels umsetzte. Diese umfassen Skalierungsoptimierungen, die dazu beigetragen haben, dass Linux über zwei Jahrzehnte hinweg bei der Nutzung von Mehrkernprozessoren und modernen Hardware-Architekturen an vorderster Front steht.

Der Fortschritt wurde gebührend gewürdigt. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Bemühungen um Echtzeit-Support fand kürzlich eine Feier während der Linux Plumbers Conference in Wien statt. Die Haupttreibkraft hinter diesen Entwicklungen, Thomas Gleixner, bat persönlich um die Aufnahme der Änderungen in den Kernel und bedankte sich für die Unterstützung bei Linus Torvalds, dem Erfinder von Linux. Obwohl dieser bedeutende Schritt gemacht wurde, gibt es weiterhin Herausforderungen und Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, bevor der Echtzeit-Support vollständig ausgereift ist. Glückwunsch an die Entwicklungs-Community für ihre harte Arbeit und ihr Engagement!