Kann diese stille Windkraft-Revolution die Gegner überzeugen? Unternehmen entwickeln innovative Windkraftanlagen
2024-12-23
Autor: Nina
Auf den ersten Blick wirkt die neue Windkraftanlage verschoben ins Abstrakte: Ein robustes Rohr in der Mitte, flankiert von zwei eleganten, senkrecht emporragenden Flügeln. Dieses innovative Gerät steht auf einem Dach in Oxford, Großbritannien, und produziert Strom aus Wind – auch wenn das Auge es nicht gleich erkennt. Aeromine Technologies, das amerikanische Unternehmen hinter dieser Technologie, nennt es eine "stille Windkraftrevolution". Ihre Anlagen sind nicht nur absolut geräuschlos und sicher für Vögel, sondern sollen bald in zahlreichen Städten Europas Strom erzeugen.
Die aerodynamischen Designs dieser Anlagen weichen grundlegend von der herkömmlichen Gestalt moderner Windkraftanlagen ab, die typischerweise mit einem Turm, einer Turbine und drei großen Rotorblättern ausgestattet sind. Neben Aeromine experimentiert auch das spanische Start-up Vortex Bladeless mit neuen Konzepten: Ihre Anlagen kommen ganz ohne Rotoren aus und erzeugen Energie durch Vibrationen. Einfach im eigenen Garten aufzustellen – das ist die Vision.
Das schottische Start-up Katrick Technologies entwickelt hingegen sechseckige Turbinen, die sich wie ein Bienenstock anordnen lassen, um in urbanen Umgebungen effektiv Strom zu produzieren. Wird dies die Windkraft revolutionieren?
Strom rund um die Uhr
Die Perspektive klingt vielversprechend: Während immer mehr Menschen mit Photovoltaikanlagen (PV) ihren eigenen Strom generieren, fehlt es noch an Optionen, Windenergie im Kleinmaßstab effektiv zu nutzen. Diese neuen, revolutionären Windkraftanlagen könnten dazu beitragen, eine Schwäche der PV-Anlagen auszugleichen: Diese produzieren besonders morgens, abends oder in den Wintermonaten, wenn der Strombedarf steigt, häufig weniger Energie.
Aeromine insistiert darauf, dass ihre Anlagen das ganze Jahr über ununterbrochen Strom erzeugen können. Der innovative Ansatz lautet: Vertikale Flächenprofile beschleunigen den Windfluss und entwickeln einen Vakuumeffekt hinter dem zentralen Rohr. Dadurch wird Luft durch eine Öffnung angesogen, die einen inneren Propeller antreibt, der wiederum Strom erzeugt.
Wenig Platz, viel Ertrag
Mit nur zehn Prozent der Fläche eines PV-Panels könnten diese Windkraftanlagen dieselbe Menge an Strom produzieren und dabei rund 50 Prozent mehr Leistung bei vergleichbaren Kosten liefern. Die Anlagen haben eine Leistung von 50 Kilowatt oder mehr und eignen sich ideal für flache Dächer von Büros, Lagerhallen, Rechenzentren und Wohngebäuden. Zwischen den Anlagen bleibt genug Raum für Solarpaneele – eine perfekte Symbiose.
Der erste Prototyp steht auf dem Dach einer BMW-Halle in Oxford, wo er derzeit nur dezent ins Stadtbild integriert ist. Ob und wie gut sich die Anlagen in weiteren städtischen oder ländlichen Gebieten implementieren lassen, wird die testende Phase der nächsten Jahre zeigen.
Vibrationsanlagen
Die Konstruktionen des spanischen Unternehmens Vortex Bladeless haben noch einen schrägeren Look: An die Form von Antennen erinnernd, basieren sie ebenfalls auf dem Prinzip der Schwingungen zur Stromerzeugung – mithilfe der aeroelastischen Resonanz. Der Wind bringt den Turm zum Schwingen, und ein Generator wandelt diese Bewegungen in elektrische Energie um.
Der wesentliche Vorteil: Diese Anlagen sind laut Vortex extrem leise, benötigen weniger Platz, stellen keine Gefahren für Vögel und andere Tiere dar und sind relativ leicht aufzustellen. Im Gegensatz zu traditionellen Windkraftanlagen könnten sie auch in städtischen Gebieten leicht Fuß fassen und so Einzelhaushalten erlauben, eigene Windenergie zu erzeugen. Wie bei Aeromine könnten sie die Stromproduktion bestehender PV-Anlagen ergänzen.
Geringe Leistungsfähigkeit
Der erste Prototyp der Vortex-Anlagen misst ca. 2,7 Meter in der Höhe, hat eine Leistung von 100 Watt und kostet einige Hundert Euro. Zum Vergleich: Neuinstallierte Windräder produzieren in der Regel zwischen drei und sechs Megawatt. Die vibrierenden Modelle von Vortex sind also nicht für den Betrieb größerer elektrischer Geräte ausgelegt.
Der Vortex-Nano, ein noch kleiner gehaltener Prototyp, misst lediglich 85 Zentimeter und soll gerade genug Energie liefern, um ein USB-Gerät zu laden. Das Unternehmen plant, weitere Nutzererfahrungen zu sammeln und die Technologie weiter zu verfeinern, mit dem Ziel, in Zukunft vielleicht auch leistungsfähigere Modelle zu entwickeln.