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Idlib: Ein Blick hinter die Kulissen der Rebellen-Hochburg Syriens

2025-03-30

Autor: Laura

Idlib im Nordwesten Syriens ist ein faszinierendes, doch zutiefst widersprüchliches Phänomen. Während die Stadt oft als verstaubt und konservativ beschrieben wird, bietet sie den Bewohnern Annehmlichkeiten, die viele Syrer anderswo vergeblich suchen: 24 Stunden Strom und High-Speed-Internet – eine Errungenschaft, die durch den Anschluss an türkische Glasfaserkabel möglich wurde.

Dieser Kontrast wird besonders deutlich in einem der modernen Einkaufszentren am Stadtrand: Über drei Etagen verteilt glänzen Kunstmarmorböden, Rolltreppen bringen die Kunden zu Kassen mit zeitgemäßen Lesegeräten. Eine Besucherin aus Aleppo kann ihren Enthusiasmus nicht verbergen: „So etwas gibt es sonst nicht in Syrien.“ Vor dem Bürgerkrieg wäre eine Reise von Aleppo nach Idlib ein gefährliches Abenteuer gewesen. „Assad hielt uns gefangen, Reisen war unmöglich.“ Das Einkaufszentrum erinnert sie an ihre Besuche in der Türkei vor dem Krieg.

Der Vergleich mit der Türkei ist nicht zufällig. Idlib hat sich forciert zu einer Art türkischer Enklave entwickelt, die von den Vorteilen der nahegelegenen Grenze profitiert. „Über 80 Prozent der Waren stammen aus der Türkei, der Rest sind lokale Produkte“, erklärt der türkische Investor Mehmet Akif Kurt. Die Pläne türkischer Investoren möchten diese Entwicklung auch auf andere Städte wie Aleppo, Hama, Homs und sogar Damaskus ausweiten.

Doch diese schillernde Fassade hat ihre Schattenseiten. Ein Großteil der Bevölkerung lebt in miserablen Bedingungen: Rund zwei Millionen Binnenvertriebene, die während des Krieges nach Idlib geflohen sind, hausen in Zeltlagern. Takhar Hassan Aleh, die regelmäßig Wasserkanister schleppen muss, sagt: „Im Winter ist es eiskalt, und wenn es regnet, werden die Zelte feucht.“ Lebensmittelpreise steigen, und den Überlebenskampf führt die Familie in einer elenden Umgebung – das Zelt dient als Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche zugleich.

Die neuen politischen Akteure in Idlib, vertreten durch Premier Achmed al-Scharaa, haben versprochen, eine Rückkehr in die Heimat zu ermöglichen. Doch nach sieben Jahren ausgeharrt im Lager ist die Geduld von Takhar und ihrer Familie am Limit. Hassan, ihr Ehemann, zeigt Verständnis dafür, dass sie für die neue Regierung im Moment nicht oberste Priorität haben.

Indes bleibt die Hoffnung auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen bestehen, während Idlib sich gleichzeitig der Herausforderung stellen muss, eine Balance zwischen Fortschritt und dem Erbe des Konflikts zu finden. Die Realität der Bewohner ist also alles andere als einfach, stellt jedoch einen eindrucksvollen mikrosoziologischen Diskurs im Kontext des anhaltenden Konflikts in Syrien dar. Diese Stadt könnte das Beispiel für künftige Entwicklungen in einer Region sein, die sich ständig im Wandel befindet.