Ein bahnbrechender Bluttest könnte die Alzheimer-Diagnose schon beim Hausarzt revolutionieren – so funktioniert er!
2024-09-21
Autor: Simon
Statistiken zeigen, dass eine von fünf Frauen und jeder zehnte Mann im Laufe ihres Lebens an Alzheimer erkrankt. Bisher war es notwendig, spezielle Gedächtniskliniken aufzusuchen, um Gedächtnistests, PET-Scans (Positronen-Emissions-Tomographie) und Analysen der Rückenmarksflüssigkeit durchzuführen. In der Primärversorgung, wo die meisten Patienten zuerst ihre Demenzprobleme besprechen, fehlen jedoch einfache und schnelle Diagnosemethoden wie Bluttests.
Aktuelle Forschung aus einer umfassenden Studie an der schwedischen Universität Lund, geleitet von Oskar Hansson und Sebastian Palmqvist, hat ergeben, dass der Bluttest „PrecivityAD2“ des US-Unternehmens C2N Diagnostics Alzheimer mit einer Genauigkeit von 88 bis 92 Prozent erkennen kann. Die Ergebnisse wurden im renommierten „Journal of the American Medical Association (JAMA)“ veröffentlicht, und Forscher von C2N Diagnostics waren ebenfalls beteiligt.
Was geschieht im Gehirn vor den sichtbaren Symptomen?
Die Hauptursache der Alzheimer-Krankheit scheint die Ansammlung eines klebrigen Proteins namens Beta-Amyloid zu sein, das sich um die Nervenzellen anlagert. Es entsteht, wenn ein bestimmtes Zellmembranprotein geschnitten wird. Diese Plaques sind auch in Zelltrümmern von verstorbenen Alzheimer-Patienten nachweisbar. Aktuelle Behandlungen versuchen, diese Prozesse zu verlangsamen oder umzukehren, jedoch sind die bisherigen Erfolge oft bescheiden.
Das Tau-Protein, das normalerweise die Struktur in den Nervenzellen stabilisiert, wird bei Alzheimer durch Phosphat-Gruppen modifiziert und bildet schädliche Knäuel, die die kognitiven Funktionen beeinträchtigen. Diese schädlichen Veränderungen beginnen oft lange vor dem Auftreten sichtbarer Symptome und tragen zum Absterben der Nervenzellen bei.
Wie funktioniert der neue Alzheimer-Bluttest?
Der Bluttest „PrecivityAD2“ analysiert das Verhältnis von zwei Formen von Beta-Amyloid (Aβ42 und Aβ40) sowie zwei Varianten des Tau-Proteins (Tau217) – allesamt wichtige Biomarker für eine Alzheimer-Diagnose. In einer früheren Studie wurden spezifische Grenzwerte für diese Moleküle festgelegt, um effektiv auf Alzheimer testen zu können.
Für die aktuelle Studie wurden 1.213 Personen mit leichten Gedächtnisproblemen, ein potenzielles Frühsymptom der Alzheimer-Krankheit, untersucht. Die Probanden waren durchschnittlich 74 Jahre alt. Der Bluttest wurde durchgeführt und die Ergebnisse mit den Einschätzungen von Hausärzten sowie Spezialisten verglichen, bevor diese die Laborresultate einsehen durften.
Die Studie zeigte, dass der Bluttest eine Genauigkeit von etwa 90 Prozent erreicht, während die Hausärzte nur in 61 Prozent der Fälle richtig lagen, die Spezialisten immerhin in 73 Prozent. Dies veranschaulicht den großen Bedarf an besseren Diagnosewerkzeugen in der Primärversorgung und das Potenzial zur Verbesserung der Diagnosemethoden.
Früherkennung ist der Schlüssel
„Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, da neue Behandlungsmethoden entwickelt werden, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen können“, merkt Hansson an. Vor kurzer Zeit wurden in den USA zwei neue Immuntherapien auf den Markt gebracht. Eine präzise Diagnosestellung ist auch wichtig, um andere behandelbare Ursachen für Gedächtnisverlust, wie Depressionen oder chronische Müdigkeit, auszuschließen.
Zukunftsausblick für den Bluttest
Nach Ansicht von Jörg Schulz, Direktor der Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen, ist die Aussagekraft des Tests hoch. Allerdings ist das derzeitige Verfahren kompliziert und teuer, da für die Analyse ein Massenspektrometer benötigt wird. Dennoch schätzt Schulz, dass kostengünstigere biochemical Tests entwickelt werden, die für das Screening in der Primärversorgung ausreichend sein könnten.
Die schwedischen Forscher planen, klinische Leitlinien für den Einsatz des Bluttests zu formulieren, und während die FDA dem Test noch keine Genehmigung erteilt hat, können Ärzte in den USA ihn bereits über zertifizierte Labore anfordern. Palmqvist erwartet, dass die klinische Anwendung bald auch nach Europa ausgeweitet wird. In der Zwischenzeit wird der Test vorrangig in spezialisierten Gedächtniskliniken внедрено werden, bevor er schrittweise in die Primärversorgung integriert wird.