
Bundesratswahl - Enttäuschung im «Ritterstübli»: Public Viewing in Altstätten von Trauer geprägt
2025-03-12
Autor: Louis
Das Hotel Sonne in Altstätten, Mittwochmorgen, 7:30 Uhr. Während am Brunchbuffet frisch gebackene Gipfeli und Käse bereitstehen, erzählt eine Gruppe aus Kanada, dass sie von Markus Ritter und der Bundesratswahl nichts mitbekommen haben. Aber für sie gibt es eine Parallele: Gerade wurde ein neuer «Prime Minister» in ihrem Heimatland gewählt. In der Schweiz bleibt das Ergebnis jedoch offen und viele hoffen auf positive Nachrichten.
Im gegenüberliegenden «Ritterstübli», wo ein Public Viewing stattfindet, sind die ersten Gäste eingetroffen. Darunter auch die Altstätter Stadträtin Aline Schäpper, die optimistisch betont: „Wir hoffen sehr, dass nach 150 Jahren wieder ein Altstätter in den Bundesrat einzieht.“ Ihr Kollege Andreas Broger ist in Bern und verfolgt die Ereignisse aus der Ferne. Die Anwesenden diskutieren gespannt über die Chancen von Markus Ritter und zeigen sich erfreut über die Unterstützung, die dem Bauernpräsidenten zuteilwird.
Unter den Gästen befinden sich viele Weggefährten von Ritter, die ihm zu einem möglichen Wahlsieg gratulieren möchten. Optimismus hängt in der Luft, auch wenn der Kantonsrat Michael Schöbi zurückhaltend bleibt. Ob er eine Vorahnung über das bevorstehende Ergebnis hatte?
8:01 Uhr, der Lärm im «Ritterstübli» wird leiser, als die Bundesrätin Viola Amherd ans Rednerpult tritt. Ihre emotionale Verabschiedung bringt die beiden Seiten – Unterstützer von Ritter und von Amherd – zusammen. Keiner äußert Kritik an Ritter, und die allgemeine Rückendeckung für ihn ist spürbar.
Als SRF einen Zuger Kantonsvertreter zeigt, der anmerkt, dass sie auf Martin Pfister anstoßen könnten, kommt es im «Ritterstübli» zu einem Raunen. Um 8:29 Uhr ist der Raum überfüllt von Zuschauern, die dem Wahlereignis folgen wollen.
Die Spannung steigt, als es 8:51 Uhr wird. Roland Rino Büchel, der SVP-Nationalrat, verkündet die Stimmen: Markus Ritter erhält 105 Stimmen, Martin Pfister 122. Es wird klar, dass Pfister nur um eine Stimme den direkten Einzug in den Bundesrat verpasst hat. Ein weiterer Wahlgang steht an und die Menschen im «Ritterstübli» sind optimistisch.
Die Diskussionen unter den Gästen sind lebhaft. Ursel Kälin äußert, dass die Vermutung besteht, dass die Grünen geschlossen für Pfister gestimmt haben könnten, während der ehemalige Primarschullehrer Urs Heeb anmerkt, dass das Ergebnis für viele überraschend und enttäuschend ist.
Kurz darauf lässt Büchel wieder aufhorchen. Maja Riniker verkündet das finale Ergebnis: Martin Pfister wurde mit 134 Stimmen gewählt. Im «Ritterstübli» bleibt es still, kaum jemand kann sich aufraffen, um zu feiern. Die Enttäuschung ist spürbar, und nur im privaten Rahmen dringen die Stimmen von Frustration an die Oberfläche.
Trudi Stieger, eine ehemalige Stadtratskollegin von Ritter, empfindet die Wahl als ungewöhnlich. „Markus war vielen wahrscheinlich zu stark,“ sagt sie und hebt dennoch ihr Glas auf ihren Favoriten. Das Thema rund um Markus Ritters Charakter und Wirken als Bauernpräsident wird hotly diskutiert. Während einige ihn als machtbesessen beschreiben, attestieren seine Befürworter ihm Macherqualitäten.
Ein weiterer Stadtrat, Marcel Zünd, drückt die Enttäuschung aus: „Für Altstätten ist es schade, aber wir mussten uns darauf einstellen, dass es vielleicht nicht reichen würde.“ Auch Elisabeth Warzinek, die Frau eines Politikers der Mitte, ist enttäuscht, da eine Wahl Ritters ihrem Mann den Sprung in den Nationalrat ermöglicht hätte. Ungeachtet der Traurigkeit applaudieren die Gäste dennoch, als Martin Pfister vereidigt wird. Verständlich – schließlich ist auch Markus Ritter ein Freund, der stets Rückenwind von seinen Unterstützern erhalten wird. So bleibt der Blick in die Zukunft gerichtet: Wie wird sich die politische Landschaft der Schweiz weiterentwickeln?