Nation

Angriff in Samnaun: Kesb wurde vor Monaten gewarnt

2024-11-15

Autor: Leonardo

In Samnaun GR wurde ein zehnjähriger Junge von einem 52-jährigen Mann angegriffen, der bereits zuvor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) bekannt war. Der Bruder des mutmaßlichen Täters hatte bereits vor Jahren Warnungen an die Behörde ausgesprochen, was Fragen zu den präventiven Maßnahmen aufwirft, die im Vorfeld solcher Vorfälle hätten getroffen werden können.

Matthias Tscharner, Leiter der Kesb Graubünden, erläutert den Prozess bei Gefährdungsmeldungen. Zunächst wird ein Abklärungsverfahren eingeleitet, um festzustellen, ob die betroffene Person Unterstützung benötigt, ein Schutzbedarf besteht und welche Maßnahmen erforderlich sind.

"Wir suchen nach Anzeichen eines möglichen Schwächezustands, der eine behördliche Intervention erforderlich machen könnte", so Tscharner. Die Kesb hat das Recht, superprovisorische Maßnahmen ohne vorherige Anhörung zu ergreifen, wenn akute Gefahren bestehen. Die Anhörung muss jedoch schnellstmöglich nachgeholt werden.

Eine Herausforderung ist die Kooperation der Betroffenen, da nicht immer Einsicht vorliegt. Tscharner erklärt: "Es gibt Menschen, die ihr eigenes Verhalten nicht als bedenklich erachten, insbesondere bei psychischen Erkrankungen. Dennoch ist die Mitwirkung gesetzlich vorgeschrieben."

Die Behörde steht auch vielfach in der Kritik, da häufig erst Maßnahmen ergriffen werden, wenn es bereits zu einem Vorfall gekommen ist. Tscharner betont jedoch, dass die Kesb keine Präventivmaßnahmen anordnen kann. Jeder Fall muss individuell betrachtet werden und entsprechende Maßnahmen basieren auf konkreten, aktuellen Situationen.

Dirk Baier, Professor für Kriminologie mit Expertise in Gewaltprävention, weist darauf hin, dass es für Graubünden an einem systematischen Bedrohungsmanagement mangelt. Solche Systeme sind darauf ausgelegt, potenzielle Gewalttaten frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Er erklärt: "Ob dieses System den Vorfall in Samnaun hätte verhindern können, ist unklar. Absolute Sicherheit gibt es nicht, aber es kann helfen, Bedrohungen besser einzuschätzen und präventive Schritte zu unternehmen."

Dieser Vorfall wirft ernsthafte Bedenken über den Schutz von Kindern und die Reaktionsfähigkeit der zuständigen Behörden auf und erhöht den Druck auf die Kesb, ihre Methoden zur Gefahrenabwägung zu überdenken und gegebenenfalls zu verbessern.