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Angriff auf Hisbollah: Ein großer Krieg unwahrscheinlich – Warum die Erkenntnisse alarmierend sind

2024-09-21

Analyse

Warum ein großflächiger Krieg im Nahen Osten (eher) unwahrscheinlich ist

Steht der Nahost wieder vor einem großflächigen Krieg zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah? Die Anzeichen sprechen eher dagegen.

Die wiederkehrende Angst vor einem großen Konflikt im Nahen Osten schlägt erneut hohe Wellen. Sicherheitssorgen haben bereits dazu geführt, dass Airlines wie Lufthansa und Swiss Flüge in die Region storniert haben. Dieses besorgniserregende Szenario hat sich seit dem Verheerenden Terrorangriff der Hamas auf Israel im vergangenen Jahr immer wieder manifestiert. Aktuell droht die Situation an der nordisraelischen Grenze, insbesondere nach einer Explosion, bei der Tausende von Funksystemen der Hisbollah zerstört wurden.

Es gilt als weitgehend sicher, dass diese Explosion eine gezielte Operation des israelischen Geheimdienstes Mossad war. Der Angriff hat das Kommunikationsnetz der Hisbollah, einer schiitischen Miliz, die von Iran unterstützt wird, schwer getroffen. Berichten zufolge sind mindestens 37 Menschen ums Leben gekommen, während über 3000 teils schwer verletzt wurden. Besonders tragisch ist, dass unter den Opfern auch Kinder waren. Viele wurden durch die Explosion blind, weil sie in dem Moment, als ihre Geräte detonierten, darauf blickten.

Eine Blamage für die Hisbollah

Dieser Vorfall stellt eine erhebliche Blamage für die Hisbollah dar. Ihr Anführer Hassan Nasrallah, der bereits seit Jahren im Untergrund lebt, kündigte in einer Fernsehansprache Vergeltung an und deklarierte den Vorfall als „Kriegserklärung“. Israel reagierte darauf mit Luftangriffen auf mutmaßliche Hisbollah-Ziele im Libanon.

Doch ist dies der Beginn einer größeren militärischen Eskalation? Bei genauerer Betrachtung gibt es wenig Anzeichen, die darauf hindeuten. Niemals war es in beiderseitigem Interesse, einen großflächigen Krieg zu riskieren.

Die Hisbollah

Seit dem Ausbruch des Gaza-Kriegs im vergangenen Oktober hat die als Terrororganisation eingestufte Hisbollah israelische Gebiete im Norden mit Raketen beschossen, was zur Evakuierung von rund 60.000 Israelis führte. Die Rückführung dieser Menschen in ihre Wohngebiete hat für die israelische Regierung und Militäroberste höchste Priorität. Angesichts des laufenden Krieges im Gazastreifen und der teils ärmlichen Ressourcen der israelischen Armee sind die Möglichkeiten für eine Bodenoffensive im Libanon jedoch begrenzt, was entscheidend ist.

Oded Eilam, ein ehemaliger Mossad-Agent, meinte, dass die Vorbereitungen nicht den Charakter eines großflächigen Krieges trugen. Besonders merkwürdig scheint das Timing der Explosion der Pager zu sein; es könnte der Fall gewesen sein, dass deren Einsatz als geheime Strategie gedacht war, um einen groß angelegten Angriff der Hisbollah auf Israel zu sichern. Die vorzeitige Detonation könnte auf misstrauische Kämpfer zurückzuführen sein, die Zweifel an der Operation hegten und so diese logistische Meisterleistung gefährdeten.

Iran und die mögliche Vergeltung

Hinter der Hisbollah steht Iran, dessen erklärtes Ziel die Auslöschung Israels ist. Gerüchte besagen, dass der iranische Botschafter in Beirut einen der besagten Pager besessen hat und bei der Explosion sein Augenlicht verlor. Dies wirft neue Fragen zur Möglichkeit eines iranischen Vergeltungsschlags gegen Israel auf.

Die Möglichkeit einer Reaktion könnte auch durch den damaligen Luftangriff durch Israel, bei dem der Hamas-Anführer Ismail Hanija in Teheran ums Leben kam, beeinflusst worden sein. Vertreter der Revolutionsgarde haben jedoch vorerst einen Angriff ausgeschlossen, was darauf hindeutet, dass Iran sorgfältig darüber nachdenken könnte, wie es weitergeht. Ein Krieg gegen Israel, die USA und möglicherweise Saudi-Arabien könnte katastrophale Folgen haben.

Gaza im Schatten

Während die Situation im Libanon eskaliert, wird der Gaza-Konflikt, trotz des anhaltenden Leids der Zivilbevölkerung, oft vernachlässigt. Verteidigungsminister Joav Galant erklärte kürzlich, dass die Hamas als militärische Formation nicht mehr existiert. Dies wird jedoch durch Berichte bezüglich der Geiselnutzung der Hamas in Frage gestellt. Offenbar bevorzugt die Hamas, ihre Geiseln zu töten, als ein potenzielles Risiko einer Befreiung einzugehen, um den Druck auf die israelische Regierung zu erhöhen.

Inmitten dieser komplexen Lage sprach der saudische Kronprinz Mohamed bin Salman deutlich aus, dass diplomatische Beziehungen zu Israel erst nach der Gründung eines palästinensischen Staates realistisch werden.

Die geopolitischen Spannungen erreichen erneut einen kritischen Punkt. Während der Frieden in der Region wackelt und jederzeit neue, explosive Situationen entstehen können, bleibt festzuhalten: Momentan sprechen die Anzeichen eher gegen eine großangelegte militärische Konfrontation.