Nation

5 Jahre Covid-19: Alain Berset zieht Bilanz und blickt in eine ungewisse Zukunft

2025-03-16

Autor: Lukas

In einem aufschlussreichen Interview reflektiert Alain Berset, der frühere Innenminister der Schweiz, über seine Zeit während der Corona-Pandemie und die Herausforderungen, die die junge Generation in einer Welt voller Krisen erwartet.

Berset betont, dass Entscheidungen unter hoher Unsicherheit getroffen werden mussten und dass Fehler in solch kritischen Situationen unvermeidlich sind.

»Die Frage, welche Fehler ich gemacht habe, ist nicht die richtige!« betont Berset. Fünf Jahre nach der Ausrufung des Lockdowns erinnert er sich an die schwierige Zeit und die Entscheidungen, die er als zuständiger Minister träfen musste. In einem Gespräch mit CH Media zog er Parallelen zwischen den heutigen Herausforderungen und den Lehren, die er aus der Pandemie gezogen hat.

»Das Schlimmste wäre, zu erstarren«

Die Unvorhersehbarkeit der Krise setzte Berset unter Druck. »Hätten wir andere Informationen gehabt, hätten wir logischerweise andere Entscheidungen getroffen«, sagt er. Viele der Beschlüsse führten sofort zu erheblichen Konsequenzen für die Bevölkerung, und dabei war ihm klar, dass sie nicht alle wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Folgen berücksichtigen konnten.

In Krisensituationen sei es unabdingbar zu handeln. »Wir Schweizer haben oft die Tendenz, alles bis ins kleinste Detail abzuklären, aber das geht in Krisenzeiten nicht«, erklärt Berset. Fehler sind in solchen Momenten unvermeidbar, und das Akzeptieren dieser Tatsache sei essenziell.

Er betont, dass Krisenmanagement nicht erlernt werden kann, sondern man es üben muss. »Wer übt und überlebt, hat etwas gelernt«, so der Politikwissenschaftler.

„Staatskritik ist wichtig“

Berset sieht die Auswirkungen der Pandemie als Teil eines größeren Krisenzyklus, der unser gesellschaftliches Leben beeinflusst hat. »Solidaritätsbewegungen entstanden während der Pandemie, und heute sehen wir, wie diese Bewegungen weiter bestehen, auch im Kontext des Ukraine-Krieges«, sagt er. Gleichzeitig schätzt er, dass diese Krisen als Katalysator für Menschen wirken, die sich empören.

Der frühere Innenminister äußert eine Mischung aus Optimismus und Besorgnis über die junge Generation, die in einer veränderten Welt bestehen muss. Er glaubt, dass die Herausforderungen groß, aber nicht unüberwindbar sind. Jedoch beobachtet er, wie Ölpreise, Klimakrisen und geopolitische Spannungen die Perspektiven drastisch verändern können.

Berset ist der Meinung, dass kritische Stimmen gegenüber dem Staat nicht schlecht sind, solange die Kritik fundiert und konstruktiv ist. Er erkennt an, dass es schon lange Diskussionsbedarf gab, doch die Pandemie habe diese Stimmen sichtbarer gemacht und eine Gemeinschaft geschaffen. Ihre Themen haben sich von Corona auf andere globale Herausforderungen verlagert.

„Die Zukunft ist düster“

Im Laufe des Interviews zeigt sich jedoch auch ein pessimistischer Blick auf die Zukunft. Berset warnt davor, dass sich in einer Welt ohne Regeln, in der Stärkere dominieren, die Lebensbedingungen für zukünftige Generationen erheblich verschlechtern werden. »Wenn kriegerische Aggressionen ungestraft bleiben und Handelskriege weitergehen, haben wir ein großes Problem«.

Er reflektiert über seine eigene Jugend und die Möglichkeiten, die damals für seine Generation offenstanden. »Als ich 20 war, war die Welt voller Chancen. Heute sieht die Perspektive für 20-Jährige ganz anders aus.« Berset schließt mit einem Appell: Der Respekt vor Menschenrechten, friedliche zwischenstaatliche Beziehungen und Dialog statt Krieg sind entscheidend, um hoffnungsvolle Perspektiven für zukünftige Generationen zu schaffen, und dafür will er sich mit aller Kraft einsetzen.