Wie Tierfiguren die Entwicklung von Kindern fördern: Die unerwartete Macht der Tiercharaktere
2024-12-27
Autor: Louis
Wie Tierfiguren die Entwicklung von Kindern fördern: Die unerwartete Macht der Tiercharaktere
Von der immerhungrigen Raupe bis zum schelmischen Wolf – Tiere in Kindergeschichten tragen häufig menschliche Eigenschaften, die stark übertrieben sind oder sogar der Natur der Tiere widersprechen. So zeigt etwa der mutige Löwe eine übertriebene Angst, während die kleine Maus mit ihrer Furchtlosigkeit überrascht. Diese überzogenen Darstellungen sollen die Handlung für die Kleinsten zugänglich machen, die Vorstellungskraft anregen und die Identifikation mit den Figuren erleichtern. Besonders in den frühen Bilder- und Vorlesebüchern sind tierische Protagonisten allgegenwärtig. Erst im Verlauf der Entwicklung treten oft menschliche Charaktere an ihre Stelle.
Für Kinder bieten die anfänglich oft simplen Geschichten mehr als nur Unterhaltung. Sie lernen, wie die Welt funktioniert und welche Gefühle, Absichten und Motive hinter bestimmten Handlungen stehen. In der Psychologie spricht man hierbei von „Theory of mind“, die sich ab dem Kindergartenalter entwickelt. Forscher wie Gray Atherton und Liam Cross von der University of Plymouth betonen in ihrer Studie im „Journal of Experimental Child Psychology“, dass sich das narrative Verständnis und das Verständnis für mentale Zustände gegenseitig unterstützen.
Die Rolle von Tierfiguren in der kindlichen Entwicklung
Eine aktuelle Studie hat beleuchtet, wie nützlich Tierfiguren für diese Entwicklung sind. Es scheint kein Zufall zu sein, dass tierische Charaktere in klassischen und modernen Kinderbüchern eine zentrale Rolle spielen.
Obwohl einige Studien belegen, dass Tierfiguren das Verständnis tierischen Verhaltens nicht unbedingt fördern, gibt es auch viele Hinweise darauf, dass sie nicht-menschlichen Protagonisten helfen können, menschliches Verhalten besser zu verstehen. Dies zeigt sich in Rollenspielen und der Interaktion mit Erwachsenen. Kinder neigen dazu, Tiere durch eine „menschliche Linse“ zu betrachten, was ihre Beobachtungs- und Analysefähigkeiten steigern könnte. Vor allem jüngere Kinder zeigen ein natürliches und angeborenes Interesse an Tieren.
Wie Kinder Tiere und menschliche Verhaltensweisen verstehen
In der Studie wurden 107 Kinder im Alter von fünf bis zehn Jahren untersucht. Ihnen wurden 40 Geschichten angeboten, die sie sowohl gelesen als auch vorgelesen bekamen. In der Hälfte der Geschichten spielten Tiere die Hauptrolle, in der anderen Menschen. Jede Geschichte beinhaltete zudem einen sozialen Fehler, den die Kinder identifizieren sollten. Die Fähigkeit, diesen Fehler zu erkennen, ist ein Hinweis darauf, dass die Kinder ein Verständnis dafür entwickelt haben, wie Menschen typischerweise agieren.
Die Forscher stellten fest, dass die Kinder mit zunehmendem Alter bessere Ergebnisse erzielten, wenn Menschen die zentralen Rollen spielten. Aber bemerkenswert war, dass bei Geschichten mit Tieren jüngere Kinder fast so gut abschnitten wie ihre zwei Jahre älteren Altersgenossen. Das bedeutet, dass tierische Protagonisten vor allem kleineren Kindern helfen, komplexe Geschichten besser zu verstehen.
„Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl menschliche als auch nicht-menschliche Charaktere hilfreich sind, um die Welt zu interpretieren, in der Kinder leben“, erklärt Atherton. Dies könnte wichtige Auswirkungen auf den Bildungsbereich haben, insbesondere im Kindergarten und in der Schule. Kinder im autistischen Spektrum könnten besonders von tierischen Charakteren profitieren, da sie häufig Schwierigkeiten haben, soziale Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Zukünftige Studien müssen jedoch weiterhin diese Hypothese überprüfen und die Mechanismen hinter diesem Phänomen genauer erforschen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Welt der Tierfiguren in Kinderliteratur nicht nur Spaß macht, sondern auch ein wertvolles Werkzeug zur Förderung der emotionalen und sozialen Entwicklung von Kindern darstellt.