Gesundheit

Wie schädlich sind Smartphones für Kinderaugen? Greifswalder Augenarzt klärt auf

2024-09-17

Greifswald. Rund 90 Prozent aller Informationen nehmen wir über unsere Augen wahr, was besonders bei Kindern von essenzieller Bedeutung ist. Eine aktuelle Studie des Kuratoriums für Gutes Sehen e. V. (KGS) zeigt, dass über 60 Prozent aller Sehfehler erst zu spät erkannt werden. Daher wird empfohlen, dass Kinder alle drei Jahre einen Augenarzt aufsuchen, um Sehprobleme frühzeitig zu identifizieren.

Prof. Andreas Stahl, Direktor der Universitätsaugenklinik Greifswald, hält diese Empfehlung allerdings für übertrieben und nicht realistisch umsetzbar. "Es gibt nicht genügend Augenärzte, um alle Kinder regelmäßig zu untersuchen", erklärt er. Zudem gibt es keine wissenschaftlichen Beweise, die die dreijährige Untersuchungspflicht untermauern.

Myopie: Ein wachsendes Problem

Trotzdem schlägt das KGS Alarm: Am Ende der Grundschulzeit sind bereits 15 Prozent der Kinder von Kurzsichtigkeit (Myopie) betroffen, wobei sich diese Zahl bis zum 25. Lebensjahr auf besorgniserregende 45 Prozent erhöhen soll. Myopie führt dazu, dass weit entfernte Objekte unscharf wahrgenommen werden, während nahe Objekte klar zu erkennen sind. Kinder, die an Sehschwächen leiden, haben häufig Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen, ermüden schneller und klagen oftmals über Kopfschmerzen, was zu einem Leistungsabfall und Motivationsverlust führen kann.

Anzeichen für Sehprobleme ernst nehmen

Prof. Stahl möchte Eltern ermutigen, die Dramatik des Themas nicht zu überbewerten, jedoch betont er, dass Eltern aufmerksam sein sollten. Oft äußern Kinder in der Schule oder zu Hause, dass sie etwas nicht gut erkennen können, etwa auf der Schultafel oder dem Smartboard. "Eltern sollten dieses Feedback ernst nehmen und ihre Kinder spielerisch testen", rät er. Dabei können einfache Tests, wie das Erkennen von Straßenschildern aus weiterer Entfernung, helfen.

Sehvermögen fördern: Der Schlüssel liegt in der Abwechslung

Die Nutzung von Smartphones und anderen digitalen Geräten wirft die Frage auf, ob dies zur Zunahme von Kurzsichtigkeit bei Kindern beiträgt. Prof. Stahl erklärt dazu: "Die Dauer der Naharbeit ist entscheidend. Ob zwei Stunden Lesen oder auf das Handy schauen, macht keinen Unterschied für die Augen." Er empfiehlt, regelmäßige Pausen einzulegen und den Blick immer wieder in die Ferne schweifen zu lassen. Ein Aufenthalt im Freien ist ebenfalls nachweislich vorteilhaft für die Augengesundheit.

Augenärzte sehen keinen dramatischen Anstieg

In Deutschland gibt es nach den Aussagen von Experten keinen dramatischen Anstieg der Kurzsichtigkeit, was auch für Mecklenburg-Vorpommern gilt. Wolfgang Wander, der Landesinnungsmeister der Optiker in MV, merkt an, dass in den Praxen kein signifikanter Anstieg von Kurzsichtigkeit bei Kindern erkennbar ist. Das Phänomen wird oft als "statistisches Rauschen" bezeichnet und schlägt sich nicht direkt auf die tägliche Praxis nieder.

Ein Blick auf die globalen Entwicklungen zeigt jedoch, dass in Asien der Anteil kurzsichtiger Kinder in den letzten drei Jahrzehnten von 20 auf 80 Prozent angestiegen ist. Diese besorgniserregende Entwicklung könnte laut Prof. Stahl auf genetische Faktoren, den Lebensstil oder unbelegte Ursachen zurückzuführen sein. Dieser Trend ist in Europa jedoch nicht feststellbar. Eltern sollten daher wachsam sein und auf die Sehbedürfnisse ihrer Kinder achten – denn gute Augen sind der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft.