Waschküchen: Ein Ort der Nachbarschaftsfreundschaft und der Spannungen
2025-01-12
Autor: Leonardo
Die Nutzung gemeinsamer Waschküchen: Ein organisatorischer Albtraum
Die Nutzung gemeinsamer Waschküchen kann zu einem wahren organisatorischen Albtraum werden. Mieter müssen sich an strenge Zeitpläne halten, die oft ohne Vorwarnung geändert werden, und es gibt zahlreiche Regeln, darunter das Verbot, die Waschküche an Sonntagen zu nutzen. Häufig findet man noch die Wäsche oder sogar das verstaubte Flusensieb des Vorgängers vor, begleitet von einem Zettel, der auf das Versäumnis hinweist.
Ein unliebsames Ritual
Die Eigenart der Waschküchen-Nutzung in der Schweiz sorgt oft für Verwirrung unter Ausländerinnen und Ausländern. Emily Engkent, eine gebürtige Kanadierin, die seit zehn Jahren in Zürich lebt, beschreibt ihren ersten Gang in die Waschküche im Westschweizer Fernsehen RTS sogar als "Kulturschock". Auch sie hat bis heute keinen Gefallen an diesem gesellschaftlichen Ritual gefunden.
Laut einer Umfrage regt sich jeder dritte Mieter monatlich über die Unannehmlichkeiten in der Waschküche auf. Auf einen Aufruf von RTS hagelte es empörte Rückmeldungen: "Die Hölle zwischen Hygienemangel und Nichteinhaltung des Zeitplans!" sowie "Wir fanden sogar Exkremente in der Trommeldichtung!"
Die Perspektive eines Experten
Anton Bühlmann, ein Luzerner Anwalt und ehemaliger Präsident der kantonalen Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht, ist von diesen Problemen nicht überrascht. "Die Waschküche ist ein extrem persönlicher Raum, in dem man seine Kleidung und Unterwäsche zur Schau stellt," erklärt er. Er sieht auch die Notwendigkeit für einen Wandel: "Das traditionelle Waschküchensystem entspricht nicht mehr dem modernen Lebensstil von Paaren und Singles, die oft wenig Zeit haben."
Das Ende der Waschküche?
In vielen neuen Wohnanlagen werden immer häufiger direkte Anschlüsse oder sogar eigene Waschräume gefordert, doch das bedeutet nicht, dass die Waschküchen vollständig aussterben werden. Stattdessen gibt es Bestrebungen, die Waschküchen in funktionale und einladende Räume zu verwandeln. Beispielweise hat die Genossenschaft „Le Bled“ in Lausanne eine moderne Waschküche geschaffen, die rund um die Uhr zugänglich ist und über eine App frei verfügbare Maschinen anzeigt. Diese Waschküche befindet sich nicht mehr im dunklen Keller, sondern in einem hellen Bereich neben einer Terrasse.
Soziale Aspekte der Waschküchen
In der Genfer Siedlung Vieusseux wird die Waschküche seit fast einem Jahrhundert als sozialer Treffpunkt geschätzt. Mitarbeiter wie Raja Hammi helfen älteren Menschen bei der Wäsche oder übernehmen die Aufgaben für Jüngere, die wenig Zeit haben. Zudem gibt es Freiwillige, die die Trikots des lokalen Fußballvereins waschen.
Somit wird die Waschküche zu einem Ort des Austausches und der Gemeinschaft; die Menschen haben Zeit zum Plaudern oder genießen bei einer Tasse Kaffee eine kleine Auszeit. Hammi beschreibt ihre Arbeit als erfüllend: "Die Menschen hier sind alle liebenswert, und das macht mich glücklich." Es bleibt abzuwarten, wie sich die Waschküchen in Zukunft entwickeln werden, ob sie weiterhin als Orte des Vorstoßes und der Nachbarschaftspflege bestehen bleiben oder ob die Privatsphäre der eigenen Waschmaschinen den sozialen Aspekt verdrängt.