Warum Gehörlose besser fühlen als Hörende
2024-12-20
Autor: Luca
Doppelte Hörkraft: Eine kleine Region im Gehirn könnte erklären, warum gehörlose Menschen oft ein besonders feines Gespür für Schwingungen entwickeln. Ludwig van Beethoven, der ab 28 Jahren schrittweise sein Gehör verlor und schließlich mit 44 Jahren taub war, komponierte weiterhin Musik. Studien zeigen, dass er in der Lage war, Schwingungen von Musikinstrumenten zu spüren und somit die Musik über seinen Tastsinn zu „hören“. Dies gilt nicht nur für Beethoven, sondern auch für viele andere Musiker, die dieselbe Technik entwickelten.
Ein Forscherteam um Erica Huey von der Harvard Medical School untersuchte, was im Gehirn von Mäusen passiert, wenn sie Geräusche hören oder durch Vibrationen stimuliert werden. Sie fanden heraus, dass der sogenannte Colliculus inferior, eine Region im Mittelhirn, sowohl akustische als auch mechanische Schwingungen verarbeitet. Die Forschung zeigt, dass dieses Hirnareal an der Verarbeitung von Berührungen und Tastsinn beteiligt ist und bei gehörlosen Menschen möglicherweise verstärkt arbeitet.
Geräte, die Schall in mechanische Schwingungen umwandeln, könnten zukünftig Menschen mit Hörverlust helfen, Geräusche besser wahrzunehmen. Solche Hörerlebnisse könnten durch spezielle Prothesen, die auch den Tastsinn ansprechen, revolutioniert werden. Der Nutzen dieser Fähigkeit, Geräusche gleichzeitig zu hören und zu fühlen, kann auch auf biologische Zwecke zurückgeführt werden: Tiere entwickeln diese Fähigkeit, um besser auf Veränderungen ihrer Umwelt zu reagieren.
Ein bemerkenswerter Aspekt der Forschung ist die Möglichkeit, dass diese Erkenntnisse es den Wissenschaftlern ermöglichen, Hörhilfen zu entwickeln, die speziell für Körperstellen mit vielen Vater-Pacini-Körperchen konzipiert sind – wie Hände oder Füße. Dies könnte Menschen mit Hörverlust eine völlig neue Dimension des Hörens eröffnen.
Zusammengefasst zeigt die Forschung nicht nur die außergewöhnlichen Fähigkeiten von Gehörlosen auf, sondern öffnet auch neue Wege zur Verbesserung der Lebensqualität für Menschen mit Hörschäden. Die Verknüpfung von Hören und Fühlen könnte in Zukunft viele neue therapeutische Optionen bieten.