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Wahlfehler in St. Gallen: Rechtsrutsch abgesagt, SP feiert wie nie zuvor!

2024-09-23

Weniger als 24 Stunden nach dem Wahlsieg der bürgerlichen Parteien in St. Gallen wurde die Freude jäh überschattet. Ein gravierender Auszählungsfehler sorgte dafür, dass die FDP, SVP, Mitte und EVP nicht die erhoffte Mehrheit von 33 Sitzen im 63-köpfigen Stadtparlament erreichen konnten.

Andreas Vögeli, der Präsident des Stimmbüros, gab am Montagabend bekannt, dass menschliches Versagen beim manuellen Eintragen der Ergebnisse zu diesem Fehler geführt hatte.

Die Korrektur der Wahlergebnisse sorgt für einen dramatischen Umschwung: Statt einer Mehrheit verfügen die bürgerlichen Parteien nun über lediglich 30 Sitze. Ein herber Rückschlag, insbesondere für die FDP, die von 15 auf nur noch 10 Sitze abrutscht - sie verliert sogar im Vergleich zu 2020 einen Sitz. Der sich anbahnende Triumph wandelt sich in eine Niederlage.

Eine positive Wendung hingegen für die SP: Sie bleibt mit 18 Sitzen stabil und hat damit keinen Verlust hinnehmen müssen. Die Umverteilung bringt der SVP, Mitte und GLP zusätzliche Sitze und sichert den linke Parteien eine knappe Mehrheit von 33 Sitzen im Stadtparlament.

FDP-Präsident Oskar Seger sprach von einer „Katastrophe“. „Nach einem engagierten Wahlkampf wurde unsere Vorfreude durch diese totale Enttäuschung ruiniert“, äußerte er sich gegenüber den Medien. Seger hatte gehofft, dass die FDP in den nächsten vier Jahren eine stärkere Rolle in der St. Galler Politik spielen würde, um bürgerliche Interessen durchzusetzen. Jetzt sieht er sich jedoch gezwungen, geltende Strukturen beizubehalten, während die GLP auch zukünftig eine Schlüsselrolle spielen wird.

Der Wahlerfolg der SP wurde mit einem spontanen Fest vor dem St. Galler Rathaus gefeiert. Parteimitglieder kamen zusammen, schwenkten Fahnen und stoßen mit Prosecco auf den unerwarteten Win an. SP-Co-Präsident Peter Olibet musste die Schuld und Scham nach dem Chaos der Auszählung nicht auf sich nehmen. „Ich hatte mich auf schwierige vier Jahre vorbereitet, aber jetzt können wir weiterhin eine entscheidende Rolle in der Stadtregierung spielen“, zeigte er sich zufrieden.

„Fehler müssen frühzeitig erkannt werden“, bemerkte er und fügte hinzu, dass der Vorfall die Notwendigkeit einer strengeren Kontrolle unterstreiche. Der Leiter des Wahlbüros gestand, dass der Fehler in der Datenübertragung in eine Excel-Tabelle stattgefunden hatte und erklärte die Einführung des „Achtaugenprinzips“ zur weiteren Vermeidung solcher Pannen.

Politologieprofessor Silvano Möckli äußerte bereits vor den Korrekturen Zweifel an den offiziellen Ergebnissen. Er forderte, dass künftig Plausibilitätsüberprüfungen bei Wahlen und Abstimmungen zur Norm werden sollten.

Dieser Wahlfehler wirft auch grundsätzliche Fragen nach der Zuverlässigkeit des gesamten Wahlprozesses auf. Gerade in einer der größten Städte der Schweiz, wo die gesellschaftliche Spaltung und politische Herausforderungen zunehmen, wird das Vertrauen in die Wahlintegrität auf die Probe gestellt.

Mit fast 75.000 Einwohnern ist St. Gallen die achtgrößte Stadt der Schweiz. Hätte der Rechtsrutsch geklappt, wäre sie die größte Stadt gewesen, in der die bürgerlichen Parteien eine Parlamentsmehrheit erreicht hätten. Ein unverhoffter Sieg der SP zeigt, dass die bürgerliche Hegemonie nicht so leicht zu erlangen ist, wie einige Meinungen zuvor angenommen hatten. Die nächsten vier Jahre versprechen, spannend zu werden - mit einer gestärkten linken Mehrheit, die sich auf anstehende ökologische und soziale Herausforderungen konzentrieren kann.