Serbien - Nach dem Unglück in Novi Sad: Massenhafte Proteste gegen die Regierung
2025-01-01
Autor: Simon
Tausende von Menschen haben in Serbien den Übergang ins neue Jahr mit einem eindrucksvollen Schweigeprotest begangen. In der Hauptstadt Belgrad und der nördlichen Stadt Novi Sad versammelten sich die Teilnehmer der von Studenten angeführten Demonstrationen, um den 15 Todesopfern des tragischen Bahnhofsdacheinsturzes am 1. November in Novi Sad zu gedenken. Der Schweigeprotest fand zwischen 23:52 Uhr und 00:07 Uhr statt und symbolisierte das kollektive Leid der betroffenen Familien und die Wut über die Verantwortlichen.
Das Unglück, das durch mutmaßlich unsachgemäße Umbauarbeiten verursacht wurde, hat nicht nur die direkte Umgebung erschüttert, sondern eine Welle der Empörung im ganzen Land ausgelöst. Die Studenten bezeichnen die Tragödie als Ergebnis der systematischen Inkompetenz und Korruption der regierenden Elite, unter der die Bevölkerung leidet. Mehr als 50 Fakultäten in verschiedenen Städten des Landes sind inzwischen in solidarische Besetzungen übergegangen, um auf Missstände aufmerksam zu machen und Druck auf die Regierung auszuüben.
In der Silvesternacht trugen die Studenten plakative Slogans wie "Es gibt kein neues Jahr, ihr schuldet uns noch das alte!" auf ihren Transparenten, und die Straßen füllten sich mit Stimmen, die nach Gerechtigkeit und Veränderung riefen. Präsident Aleksandar Vucic, der erst vor kurzem in einem Interview eines regierungsfreundlichen TV-Senders seine Überzeugung äußerte, keine Angst vor den Studenten zu haben, scheint die Größe der Protestbewegung weiterhin zu unterschätzen. Er lud die Studenten zwar zu einem Dialog ein, behauptete jedoch, sie würden nicht erscheinen, weil ihnen die Argumente fehlten. Ein zentrales Anliegen der Studentenvertreter ist es, dass Institutionen wie Staatsanwaltschaft und Gerichte unabhängig von politischer Einflussnahme arbeiten können.
Obwohl Vucic gemäß der Verfassung eher zeremonielle Befugnisse hat, hat er faktisch die Kontrolle über alle wichtigen Entscheidungen im Land und die Justiz, die in der Vergangenheit oft in der Kritik steht, ist weitgehend seiner Macht unterworfen. Die Proteste in Serbien sind somit nicht nur ein Ausdruck der Trauer über die tragischen Ereignisse von Novi Sad, sondern auch ein Aufbegehren gegen eine Regierungsführung, die als inkompetent und korrupt wahrgenommen wird. Die Mobilisierung der Studenten könnte eine entscheidende Rolle in einem sich anbahnenden politischen Wandel spielen, während das Land versucht, aus dieser Tragödie kollektiv zu lernen und nach vorn zu blicken.