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Schlachthof Zürich: Ein umstrittener Schlacht-Showroom sorgt für hitzige Debatten

2025-04-01

Autor: Lara

Wie wird eine Wurst hergestellt? Diese Frage will die Stadt Zürich mit einem neu geplanten Schlacht-Showroom beantworten, der im Rahmen eines Bildungsprojekts im Schlachthofareal entstehen soll. Geplant ist, dass insbesondere Kinder hautnah erleben dürfen, wie Tiere geschlachtet werden und die verschiedenen Schritte unternehmen werden, um letztendlich zu Wurst verarbeitet zu werden. Diese Information stammt aus einem internen Schreiben des Gesundheitsdepartements, das den Medien zugespielt wurde.

Den geplanten Raum soll die Erinnerung an das Handwerk des Fleischens lebendig halten und gleichzeitig einen bewussten Umgang mit Fleischkonsum fördern, heißt es im Konzept. Der Umbau ist für den Sommer 2026 vorgesehen, da der Schlachthof früher als geplant schließt. Bis zur Neugestaltung werden die Räume für Zwischennutzungen zur Verfügung stehen.

Ab Sommer 2026 können Schulklassen sowie interessierte Familien dabei zuschauen, wie ein Tier zu Fleisch verarbeitet wird. Der neu designte Raum, der an industrielle Schlachtereien angelehnt ist, wird circa 30 Quadratmeter groß sein und begehbar sein.

„So bleibt den Zuschauer*innen im Gedächtnis, welche Vorgänge nötig sind, bevor eine Wurst auf den Teller kommt“, heißt es im Schreiben des Gesundheitsdepartements. Die Minimetzgerei wurde in Zusammenarbeit mit einer Projektgruppe der Zürcher Hochschule der Künste (ZHDK) und lokalen Innenarchitekten konzipiert. Eine helle Kachelung wird an traditionelle White Rooms von Galerien erinnern, während das karge Innere die Brutalität der Fleischverarbeitung sichtbar macht, so die Pläne der Projektgruppe.

Die Teilnehmer können live mitverfolgen, wie die Tiere in den Schlachtraum geführt und dort mit einem Bolzenschuss erlegt werden. Ob Kinder dabei mithelfen dürfen, steht noch zur Debatte. Was klar ist: Der Besuch des Schlachtraums soll für Kinder an Zürcher Schulen verpflichtend werden.

Nach einem etwa anderthalbstündigen Prozess wird es Zeit geben, um das Erlebte mit dem Metzger zu besprechen. „Wir sind uns bewusst, dass die Bilder schockierend sein können, aber genau das ist der Bildungszweck“, betonen Studierende der ZHdK. Ein „geschärftes Bewusstsein für den Fleischkonsum“ soll geschaffen werden.

Zürich steuert auf eine Vorreiterrolle zu

Der pädagogische Schlachtraum ist nur der erste Schritt in einer Reihe von Zwischennutzungen, die auf dem großen Areal geplant sind. Derzeit gibt es ein partizipatives Verfahren, wo Anwohner*innen und Interessierte ihre Meinungen und Ideen einbringen können. Diese reichen von kinderfreundlichen Grünflächen bis hin zu bezahlbaren Räumen für Künstler*innen und lokale Unternehmen.

Stadtrat Andreas Hauri (GLP) bestätigte auf Anfrage die Existenz der Pläne für den Schlachtraum-Showroom. Er betont, dass die Einbeziehung der Kunstszene und der urbanen Lebensmittelproduktion besonders positiv sei. Das Ziel, einen bewussten Umgang mit Fleischkonsum zu fördern, liege im Interesse einer verantwortungsvollen Gesundheitspolitik. Zürich könne damit eine Vorreiterrolle im Bereich „partizipativer Pädagogik“ einnehmen.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, insbesondere von der lokalen SVP. Gemeinderat Reto Brühl äußerte Bedenken und bezeichnete das Projekt als eine „linke Bevormundung“, die finanzielle Mittel koste und in der Stadt Zürich untypisch sei. Die Bürger*innen hätten das Recht, ihre Bratwurst zu genießen, ohne sich über die Herstellungsbedingungen Gedanken machen zu müssen.

Die finanziellen Aspekte des Projekts sind ebenfalls brisant: Laut Informationen beträgt das Budget für den Schlachtraum 3,2 Millionen Franken. Diese Summe umfasst Planungs- und Baukosten, die Beschäftigung von zwei ausgebildeten Metzgern sowie Unterrichtsmaterialien. Die Gestaltung der Innenräume geschieht in Zusammenarbeit mit der ZHDK und kleineren Metzgereien.

Stadt reagiert auf Bedenken der Eltern

Die Eltern in den angrenzenden Wohngebieten äußern sich mehrheitlich negativ zu dem Schlachtraum-Projekt. Eine Elternvereinigung hat bereits in einem Schreiben an Hauri ihre Bedenken geäußert. Sie fordert, dass der begrenzte Raum für entwicklungsfördernde Angebote für Kinder genutzt werden sollte. Die Kombination aus Schlachterei und angrenzenden Spielplätzen sei schwer zu vereinbaren.

Um den Bedenken der Eltern Rechnung zu tragen, hat die Stadt kurzfristig ein Podiumsgespräch organisiert, bei dem Betroffene erste Einblicke in den geplanten Schlachtraum erhalten werden. Stadtrat Andreas Hauri, Vertreter der ZHDK, ein Mentalcoach sowie zwei ehemalige Schlachthofmitarbeiter sind bereit, auf die Fragen der Bürger*innen einzugehen. Der Termin ist für heute, Dienstag, um 10 Uhr im Eingang des Schlachthofs angesetzt.