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Politische Mündigkeit für Menschen mit Behinderung: Ein Schritt in die richtige Richtung?

2025-03-17

Autor: Mia

Heute beschäftigt sich der Nationalrat mit einer wegweisenden Entscheidung: Sollen Menschen mit Behinderung, die auf Beistand angewiesen sind, das Recht erhalten zu wählen und abzustimmen? In der zuständigen Kommission hat diese Forderung eine knappe Mehrheit gefunden, was auf eine mögliche Änderung in der Gesetzgebung hindeutet.

Aktuell besagt die Bundesverfassung, dass alle Schweizerinnen und Schweizer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, politische Rechte besitzen, es sei denn, sie sind aufgrund von Geistesschwäche oder Geisteskrankheit entmündigt. Dieser veraltete Artikel entspricht jedoch nicht mehr den modernen Vorstellungen von Inklusion und Gleichheit.

Markus Schefer, Professor für Staatsrecht und Mitglied des UNO-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderung, kritisiert diese Regelung scharf. Er betont, dass die UNO-Behindertenrechtskonvention klarstellt, dass das Vorhandensein einer Behinderung niemals als Grund gelten darf, um eine Person von ihren Rechten auszuschließen. Es ist entscheidend, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Rechte wie alle anderen haben.

Aktuell sind rund 16'000 Menschen in der Schweiz vom Wahlrecht ausgeschlossen, weil sie auf Beistand angewiesen sind. Viele Mitglieder des Parlaments, auch jene, die gegen die Änderungen sind, erkennen die Ungerechtigkeit des Verfassungsartikels, sehen jedoch keinen Bedarf für Veränderungen auf Verfassungsebene. Sie plädieren dafür, dass die Kantone sicherstellen sollten, dass Entmündigungen nur als letztes Mittel eingesetzt werden.

Schefer argumentiert, dass die Notwendigkeit eines Beistands nichts über das politische Urteilsvermögen einer Person aussagt. Er weist darauf hin, dass das Entscheidungsrecht über politische Ansichten unabhängig von der Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen, sein sollte. Fabian Putzing, Geschäftsführer der Organisation Insieme Schweiz, ergänzt, dass das Wahlrecht in der Schweiz nicht an spezifische Kenntnisse oder Tests gebunden ist, was eine klare Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der zur Diskussion steht, ist die Frage der Beeinflussung. Wenn entmündigte Personen wahlberechtigt werden, muss sichergestellt werden, dass sie nicht unter Druck gesetzt werden, insbesondere von ihren Beiständen. Schefer weist darauf hin, dass unangemessene Einflüsse in vielen Bereichen, wie Familien oder Altersheimen, vorkommen können, und dass klare Regelungen notwendig sind, um diese Praktiken zu verbieten.

Erfreulicherweise haben einige Kantone bereits Gesetze erlassen, die Menschen mit Behinderung das Wählen und Abstimmen ermöglichen. Im Kanton Genf dürfen seit 2020 Menschen mit Beistand an Abstimmungen teilnehmen, und Appenzell Innerrhoden folgt mit entsprechenden Regelungen Anfang 2024. Auch in den Kantonen Zürich, Zug und Neuenburg sind ähnliche Änderungen in Planung.

Die Entwicklung der politischen Rechte für Menschen mit Behinderung in der Schweiz könnte ein bahnbrechender Schritt in Richtung Gleichberechtigung und Inklusion sein. Die laufenden Diskussionen im Nationalrat sind ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft bereit ist, über veraltete Gesetze nachzudenken und eine inklusivere politische Landschaft zu schaffen.