Die Schweizer Radprofi Marlen Reusser gibt Hoffnung an Long-Covid-Betroffene – und das mit einer bemerkenswerten Therapie-Methode.

Wie übersteht man die lähmenden Symptome wie Erschöpfung und wiederkehrendes Fieber nach einer Covid-19-Infektion? Marlen Reusser berichtet von ihrer überraschenden Heilung durch Hypnose.

Anfang November gab die Athletin nicht nur ihren Wechsel zum spanischen Team Movistar bekannt, sondern auch, dass sie sich erheblich besser fühle. Reusser, die im Februar an Covid-19 erkrankte, kämpfte monatelang mit den Folgen: Nach einem Sturz während der Flandern-Rundfahrt im März, bei dem sie sich den Kiefer brach und mehrere Zähne beschädigte, verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand. Im Mai musste sie schließlich ihr Training aufgeben. Die Symptome der postviralen Fatigue waren überwältigend: Jedes Training führte zu einer Verschlechterung ihres Zustands.

In einem emotionalen Interview mit SRF im September sprach sie offen über ihren Kampf mit Long Covid. "Ich dachte immer, ich bin Marlen, ich kann das schaffen. Aber es gab jedes Mal einen Preis dafür, wenn ich mich anstrengte," erzählt sie. Ihre Zögerlichkeit, sich den schwierigen Umständen zu stellen, wurde durch die emotionale Belastung verstärkt. Während dieser Zeit hatte sie Angst, dass ihre Karriere auf dem Spiel stehen könnte.

Doch die Wende kam mit einem unerwarteten Ansatz. Im November teilte Reusser auf Instagram mit, dass Hypnose, Meditation, Yoga und positive Gedanken zu ihrer Genesung beigetragen hätten. Insbesondere ein Therapeut aus Großbritannien, Dr. Will Bostock, half ihr, die Krankheit besser zu verstehen. Dieser beschreibt Long Covid als ein Auto mit leuchtender Öllampe, das dennoch einen vollen Tank hat. Der Körper kann Symptome produzieren, auch wenn er physisch in Ordnung ist. Es sei entscheidend, den mentalen Zustand zu verbessern und das System neu auszurichten.

Nach ihrem hypnotischen Ansatz berichteten zahlreiche Menschen von Interesse, wie sie ähnliche Fortschritte erzielen können. Reusser erläuterte, dass sie keine Therapeuten aufgesucht habe, sondern regelmäßig eine Audiodatei verwendete, die sie immer wieder anhörte. Zu Beginn war sie skeptisch gegenüber der Hypnose, doch die Ergebnisse überraschten sie und führten zu einer neuen Sichtweise auf die Verbindung zwischen Körper und Geist.

Die bemerkenswerte Genesung von Reusser wirft Fragen auf: Ist Hypnose tatsächlich ein entscheidendes Mittel zur Heilung von Long Covid? Eine aktuelle Studie im Fachmagazin BMJ stellt zwar fest, dass die Verbesserung der mentalen Gesundheit möglicherweise helfen kann, doch bleibt unklar, wie wirksam Hypnose bei spezifischen Patienten ist.

Chantal Britt, Präsidentin von Long Covid Schweiz, weist darauf hin, dass es in den ersten sechs Monaten des Krankheitsverlaufs immer wieder zu Spontanheilungen kommen kann. Sie betont, dass positive Gedanken und der Zugang zu Ressourcen entscheidend sind, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Dennoch sollten Betroffene sich nicht unter Druck setzen, ihre Symptome allein durch mentale Strategien zu lindern.

Reusser betont, bewusst zu sein, dass verschiedene Menschen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten benötigen. Ihre Erfahrung ist einzigartig und nicht unbedingt für jeden anwendbar. Sie erklärt: "Ich hatte alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung, etwas, das viele nicht haben. Das machte es mir möglich, mich vollständig auf die Genesung zu konzentrieren."

Offensichtlich ist ihre Geschichte ein Lichtblick in der oftmals düsteren Welt der Long-Covid-Erfahrungen. Ob es sich um Hypnose, positive Selbstgespräche oder andere Methoden handelt, die Hoffnung auf Heilung bleibt das Wichtigste für viele Betroffene. Der Erfolg von Marlen Reusser ist nicht nur inspirierend; er zeigt, dass es Wege gibt, die Widrigkeiten zu überwinden. Sie plant, Ende Januar bei einem Rennen auf Mallorca ihr Comeback zu geben und ist entschlossen, sich ihren Platz im Radsport zurückzuerobern.