Ist die Woke-Bewegung Geschichte? Warum Inklusion auch nach Trump unverzichtbar ist
2025-01-26
Autor: Lara
In den letzten Jahren haben die größten Unternehmen der Welt um die Vorherrschaft in der inklusiven Unternehmensführung gewetteifert. Führende Firmen schufen Positionen für Gleichstellungsbeauftragte, förderten aktiv Frauen und zeigten während des Pride-Monats stolz Regenbogenlogos. Doch die Zeiten scheinen sich zu ändern.
Firmen wie McDonald's, Ford und Walmart haben ihre Pläne zur Diversität, Gleichstellung und Inklusion, besser bekannt als DEI (Diversity, Equity, Inclusion), drastisch reduziert. Meta, das Unternehmen hinter Facebook und Instagram, plant gar, sein Inklusionsteam vollständig abzubauen. Mark Zuckerberg, CEO von Meta, macht deutlich, dass er wieder mehr 'männliche Energie' in das Unternehmen bringen möchte.
Donald Trump hat als einer seiner ersten Schritte im Amt alle Inklusionsprogramme in der öffentlichen Verwaltung abgeschafft. Auf Elon Musks Plattform X feiern viele Nutzer die vermeintliche Beendigung der Woke-Kultur und fordern eine Rückkehr zur 'Vernunft', die ihrer Meinung nach allein auf Leistung basieren sollte, unabhängig von Hautfarbe oder Geschlecht.
Doch wie sieht es in der Schweiz aus? Werden auch Schweizer Unternehmen von den Prinzipien der Diversität und Inklusion abrücken? Experten sind sich weitgehend einig, dass dies unwahrscheinlich ist. Daniela Frau, Dozentin an der Zürcher Hochschule ZHAW, betont: 'Schweizer Firmen können sich eine Abkehr von DEI nicht leisten.' Mehrere Studien zeigen, dass die Förderung von Minderheiten langfristig finanziell vorteilhaft ist.
Besonders in Zeiten des demografisch bedingten Fachkräftemangels sind Unternehmen auf eine inklusive Kultur angewiesen und versuchen, sich als attraktive Arbeitgeber für Frauen und Minderheiten zu positionieren.
Eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst & Young hat ergeben, dass europäische Unternehmen mit effektiven Inklusionsmaßnahmen finanziell erfolgreicher sind und Mitarbeiter dort zufriedener sind. Robin Errico, Chief Risk Officer bei EY Schweiz, erklärt: 'Auch wenn wir nach der Pandemie eine gewisse Müdigkeit hinsichtlich DEI festgestellt haben, erkennen viele Unternehmen die positiven Effekte und möchten daran festhalten.'
Umfragen bei bedeutenden Schweizer Unternehmen, ob Banken oder Einzelhändler, zeigen, dass Inklusion nach wie vor einen hohen Stellenwert hat. Beispielsweise erklärt UBS: 'DE&I ist Bestandteil unserer Unternehmenskultur und -strategie. Wir halten an unseren definierten Zielen fest.' Der Zementhersteller Holcim setzt sich dafür ein, den Anteil von Frauen in der Geschäftsleitung zu erhöhen und implementiert spezielle Programme für die Unterstützung von Frauen.
Die Fluggesellschaft Swiss gibt an, dass ein inklusives Arbeitsumfeld talentierte neue Mitarbeiter anzieht. Trotz Fachkräftemangel erhält das Unternehmen viele gut qualifizierte Bewerbungen.
In den USA sehen sich viele große Firmen jedoch mit Herausforderungen konfrontiert. Der Einfluss von Donald Trump und die rechtsgerichtete Haltung des Obersten Gerichtshofs sind wesentliche Faktoren für die Rücknahme von DEI-Programmen. Trump und seine Anhänger sind gegen alles 'Woke', einschließlich Gleichstellungsmaßnahmen.
Zusätzlich hat der Supreme Court bereits Maßnahmen zur Unterstützung afroamerikanischer Studierender für unrechtmäßig erklärt und wird bald über einen Fall zur umgekehrten Diskriminierung entscheiden. Das könnte zu einem Anstieg von Diskriminierungsklagen gegen Unternehmen führen, die Minderheiten fördern.
Einige Unternehmen versuchen, diesem Trend entgegenzuwirken, indem sie ihre Programmnamen ändern oder die Strukturen ihrer DEI-Initiativen anpassen. So wird das 'Diversity-Team' bei McDonald's zum 'Globalen Inklusionsteam' umbenannt. Walmart hingegen kündigt ein kostenintensives Programm zur Unterstützung von Minderheiten, das 100 Millionen Dollar gekostet hat, und möchte damit die rechtlichen Risiken minimieren.
Experte Michel Rudin warnt jedoch davor, die Situation in den USA direkt auf die Schweiz zu übertragen. 'Wir stehen hier in einer ganz anderen Lage', erklärt Rudin, Mitbegründer des Swiss Diversity Forums. Unternehmen, die sich nun anders ausrichten, hätten oft nur opportunistisch gehandelt. Rudin ist überzeugt, dass aufgrund des Fachkräftemangels in Zukunft eher mehr Inklusionsmaßnahmen initiiert werden, insbesondere im Hinblick auf ältere Arbeitnehmer.
Schließlich hebt Rudin hervor, dass es nicht Aufgabe der Unternehmen sei, Politik zu betreiben, sondern sich um ihre Mitarbeitenden zu kümmern, inklusive Förderung und Vermeidung von Diskriminierung.