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Im Evakuierungszug: Svetlana und Ihor lassen alles hinter sich zurück

2024-09-23

Der besorgniserregende Konflikt in der Ukraine zwingt viele Menschen zur Flucht. Wie Svetlana und Ihor, die im Evakuierungszug von Pawlohrad nach Lwiw ihre Heimat hinter sich lassen.

Oxana, die Zugbegleiterin

Oxana, 48, ist seit 27 Jahren bei der ukrainischen Eisenbahn tätig und hat sich unermüdlich in die Evakuierungsmissionen gestürzt. Die Züge, die in Pawlohrad abfahren, brauchen stolze 16 Stunden, um nach Lwiw zu gelangen. Obwohl sie unermüdlich arbeitet und bereits seit sechs Tagen im Zug lebt, bleibt ihr Optimismus ungebrochen: "Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben. Jeder Tag, den wir hier gemeinsam verbringen, ist ein weiterer Tag der Freiheit."

Ihor und Svetlanas verzweifelter Abschied

Ihor, 67 Jahre alt und pensioniert nach einem langen Arbeitsleben in der Mine von Pokrowsk, ist gezwungen, seine Pläne für eine ruhige Rente an den Nagel zu hängen. "Wir dachten, wir könnten unseren Garten genießen, doch jetzt müssen wir alles zurücklassen", sagt er seufzend. Zusammen mit seiner Frau Svetlana, 59, lassen sie ihren geliebten Garten, die Hühner und die Erinnerungen an die einst blühende Stadt Pokrowsk zurück. "Es tut weh, unsere Heimat so zu sehen – alles ist zerstört", fügt Svetlana hinzu, während sie an den leeren Stall für ihre Hühner denkt.

Ein Umdenken in der Evakuierung

Ursprünglich fand die Evakuierung direkt in Pokrowsk statt, aber aufgrund der Nähe des Krieges wurden die Transporte nach Pawlohrad verlagert. Diese Entscheidung kam nach den tragischen Ereignissen in Kramatorsk, wo Zivilisten bei einem russischen Angriff ums Leben kamen. Jetzt stehen die Menschen mit ihren letzten Habseligkeiten am Gleis, ungewiss über ihre Zukunft.

Die Menschen werden mit blau-roten Bändern gekennzeichnet, um die Organisation der Evakuierungen zu erleichtern.

"Wir haben keine Wahl, nur ein Ziel: Sicherheit!", erklären die Evakuierten, während die Anzahl der Reisenden steigt.

Eisenbahn als Lebensader

Die ukrainische Eisenbahn, ein wahrer Lebensretter im Krieg, hat bis heute Millionen Menschen aus dem Osten in sicherere Regionen im Westen transportiert. Bis heute bleibt die Eisenbahn die bevorzugte Transportmittel für westliche Politiker, die Kiew besuchen. Ihre Pünktlichkeit ist bewundernswert - selbst im Angesicht des Krieges.

Die 'Weißen Engel'

Eine besondere Einheit der Polizei – die 'Weißen Engel' – sorgt dafür, dass die Menschen mit ihrem Gepäck sicher in den Zug gelangen. In den Abteilen wird es still. Viele Menschen blicken aus den Fenstern und nehmen Abschied, vielleicht zum letzten Mal, von der Landschaft ihrer Heimat.

Die Zukunft voller Fragen

Svetlana und Ihor haben vor, vorerst in der Region Winnyzja zu leben, so lange, bis sie ihre Zelte wieder aufschlagen können. Ihre Sorgen gelten jedoch nicht nur dem Verlust ihrer Heimat, sondern auch der Verlust der sozialen Bindungen – die Nachbarn, die beim Evakuierungsprozess zurückblieben. "Es gibt nicht nur uns", sagt Svetlana mit feuchten Augen, "viele haben keinen Ort, wohin sie gehen können."

Die hohen Wellen der Unsicherheit markieren den Übergang in ein neues Leben, doch es gibt auch kleine Lichtblicke: ihre Tochter und Enkelin erwarten sie und daran festzuhalten, gibt ihnen Hoffnung. "Wir müssen stark bleiben und uns gegenseitig unterstützen!", beschließen sie.

Kein Platz für Politik

Politik wird hier nur in einem Atemzug genannt. Sie diskutieren über die anhaltenden Kämpfe und die Ungewissheit, aber der Fokus liegt auf dem Überleben und der Hoffnung auf eine Heimat, die eines Tages wieder sein könnte, was sie einmal war.

"Wo bekommen wir Sweets her?" fragt Svetlana ihren Mann, während sie sich auf die Reise vorbereiten. Ihre Enkelin wartet auf die süßen Leckereien, die sie versprochen haben. Trotzdem bleibt die größte Sorge, dass sie ihr Kind enttäuschen könnten, weil sie nichts finden.

Die Evakuierung ist nicht einfach und viele wollen noch bleiben; die regionalen Behörden melden, dass immer noch 25.000 Menschen in Pokrowsk leben, die ebenfalls evakuiert werden sollten. Aber nicht jeder ist bereit, seine Heimat aufzugeben. So ist der Weg durch den Krieg voller Ungewissheiten und jeder neue Tag bringt neue Herausforderungen.