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Grönland: Wunden der Kolonialzeit bleiben unheilbar

2025-01-13

Autor: Leonardo

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Grönland strebt nach Unabhängigkeit von Dänemark und plant, amerikanische Ansprüche zurückzuweisen.

In der düsteren Vergangenheit wurden Inuit-Kinder gewaltsam von ihren Familien getrennt und nach Dänemark gebracht.

In den 1960er- und 1970er-Jahren erlitten viele Frauen in Grönland eine erzwungene Sterilisation ohne ihr Einverständnis.

Aktuell kämpft die Insel mit gravierenden sozialen Problemen wie Armut, Gewalt und chronischer Ungleichheit.

Ministerpräsident Múte B. Egede erklärte kürzlich: "Grönland ist für die Grönländer" und wies die Hackerei der US-Politik zurück. Donald Trump hatte erklärt, dass er nicht zögere, auf Gewalt oder wirtschaftlichen Druck zurückzugreifen, um Grönland in die USA einzugliedern, da dies für die nationale Sicherheit wichtig sei.

Die Beziehungen zwischen den Grönländern und dem ehemaligen Kolonialherrn Dänemark sind von traumatischen Erinnerungen geprägt, insbesondere durch Kinderentführungen und Zwangssterilisationen.

Grönland: Dänemark entführte Inuit-Kinder nach Dänemark

Im Rahmen eines verheerenden sozialen Experiments wurden im Jahre 1953 22 Inuit-Kinder im Alter von fünf bis acht Jahren von ihren Eltern getrennt und ohne deren Wissen nach Dänemark verschleppt. Diese Kinder sollten in ein Pflegeheim untergebracht werden, als Teil einer Vereinbarung zwischen den Regierungen Dänemarks und Grönlands. Zu der Zeit war Grönland eine dänische Kolonie.

"Das Ziel war es, den Lebensstil der Grönländer an das dänische Modell anzupassen", erklärte der Kulturhistoriker Ebbe Volquardsen. Die Vermittlung der dänischen Sprache spielte dabei eine zentrale Rolle.

Die von der Regierung als besonders talentiert angesehenen Inuit-Kinder wurden ausgewählt, um mehrere Monate in Kopenhagen zu verbringen. Dort sollten sie die Sprache lernen und nach westlichen Werten erzogen werden. Die traumatische Erfahrung führte dazu, dass viele Kinder ihre Muttersprache vergaßen und Identitätsprobleme entwickelten.

Fast 70 Jahre später erhielten sechs dieser Inuit eine Entschuldigung von der dänischen Regierung, während 16 andere vor ihrem fünfzigsten Lebensjahr verstorben waren. Rund die Hälfte der überlebenden Jugendlichen litt ein Leben lang an psychischen Problemen und Alkoholabhängigkeit. Die dänische Regierung bot jedem Betroffenen eine Entschädigung von 250.000 dänischen Kronen (etwa 31.500 Franken) an.

Frauen wurden gegen ihren Willen sterilisiert

In den späten 1960er- und 1970er- Jahren wurden etwa 4500 junge Inuit-Frauen gezwungen, sich Hormonspiralen einsetzen zu lassen. Viele von ihnen waren minderjährig und wussten nicht, was das für ihre Zukunft bedeutete. Auch heute, Jahre später, finden Gynäkologen in Grönland immer wieder Spiralen in Frauen, die nichts von deren Anwesenheit wissen.

Im Jahr 2024 reichten mehr als 140 Inuit-Frauen Klage gegen den dänischen Staat ein, nachdem ein Antrag auf Entschädigung zuvor ignoriert worden war. Ihr Anwalt Mads Pramming erklärte: "Ihre Menschenrechte wurden verletzt, sie sind die lebenden Beweise dafür." Im Oktober 2023 forderten 67 betroffene Frauen jeweils 300.000 dänische Kronen (etwa 37.800 Franken) als Entschädigung.

Was wünscht sich Grönland?

"Wir wollen nicht dänisch sein, wir wollen nicht amerikanisch sein. Wir wollen grönländisch sein", betonte Ministerpräsident Egede auf einer Pressekonferenz. Er setzt sich vehement für die Unabhängigkeit Grönlands ein. Egede bezeichnet Dänemark als Kolonialmacht, die die indigenen Inuit nicht richtig behandelt habe.

Das Leben in Grönland

Grönland besitzt seit 1979 Selbstverwaltungsrechte, die 2009 nochmals erweitert wurden. Während Dänemark weiterhin für Außenpolitik und Verteidigung zuständig ist, regelt Grönland viele interne Angelegenheiten selbst.

Das riesige Gebiet ist reich an Ressourcen wie Öl und Gas, die aufgrund der durch den Klimawandel verursachten Eisschmelze voraussichtlich leichter zugänglich sein werden. Grönland liegt mitten in der Arktis, wo Länder wie Russland und China ihren Einfluss ausbauen wollen.

Die Insel kämpft jedoch immer noch mit einer Vielzahl sozialer Herausforderungen, einschließlich weit verbreiteter Armut, unzureichendem Zugang zu Bildung und psychologischer Unterstützung. Rund 20 Prozent der Kinder in Grönland sind mit Gewalt und sexuellem Missbrauch konfrontiert, und die Bevölkerung von 57.000 Menschen hat eine der höchsten Selbstmordraten weltweit.

Grönland steht an einem Wendepunkt: Während die Reichen die Ressourcen der Insel ausbeuten möchten, rufen die Einheimischen immer lauter nach Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Respekt für ihre Kultur. Ein Kampf, der nicht nur für die Grönländer, sondern für die gesamte Welt von Bedeutung ist!