Nation

Frustration und Kritik: Arbeitsmangel im Schweizer Gefängnis

2025-09-21

Autor: Luca

Gefangene kämpfen um Arbeitsplätze

In den Schweizer Gefängnissen ist Arbeit für Lohn gesetzlich vorgeschrieben, um die Resozialisation der Haftinsassen zu fördern. Doch die Realität sieht anders aus: Im Regionalgefängnis Sissach BL erhalten arbeitende Insassen gerade einmal 3.75 Franken pro Stunde. Diese Summe reicht kaum, um sich etwas zu kaufen, denn die Hälfte wird für ein Sparkonto abgezogen, während die andere Hälfte für Dinge wie Zigaretten verwendet werden kann. Ohne Arbeit hingegen fällt das Einkommen auf mickrige 1 Franken pro Stunde.

Schwierigkeiten bei der Auftragsakquise

Für zwölf Insassen stehen derzeit in Sissach nur vier Beschäftigungsplätze zur Verfügung, meist in einfachen Jobs, die den Sicherheitsanforderungen entsprechen müssen. Im gesamten Kanton haben Insassen im Durchschnitt nur drei bis dreieinhalb Stunden Arbeit pro Tag, wie Nicolas Pozar, Leiter des Baselbieter Amtes für Justizvollzug, erklärt. Die Akquise von Aufträgen gestaltet sich als schwierig, da Einrichtungen wie Wohn- und Behindertenheime bevorzugt werden, um ein positives Image zu wahren.

Unzufriedenheit und Konsequenzen

Diese Situation führt zu wachsendem Unmut unter den Insassen. In einem bemerkenswerten Vorfall im August versuchten sieben gefangene Männer, gegen die geringen Arbeitsmöglichkeiten zu protestieren. Anwalt Andreas Noll, der die Insassen vertritt, kritisiert die Untätigkeit im Gefängnis und warnt, dass sie Frustration und Aggression schürt. Besonders problematisch sei, dass dadurch die Resozialisation erschwert und letztlich höhere Folgekosten entstehen, wenn ehemalige Insassen in die Gesellschaft reintegrieren möchten.

Recht auf Arbeit

Noll argumentiert, dass Haft ohne Arbeit illegal sei und fordert, dass Gefängnisse nur so viele Insassen aufnehmen sollten, wie sie Arbeitsplätze anbieten können. Pozar jedoch entgegnet, dass Resozialisation weit mehr umfasst als nur Arbeit, und viele Aspekte berücksichtigt—von pädagogischer Unterstützung bis hin zu sozialen Kompetenzen.

Geld statt Resozialisation?

Jonas Weber, Professor für Strafrecht an der Universität Bern, ergänzt, dass den Gefangenen das Geld oft wichtiger ist als die Resozialisation. Er betont, dass Insassen ein Anrecht auf Arbeitsentgelt haben sollten, sofern sie die Möglichkeit zur Arbeit erhalten. Das Einkommen erleichtert ihnen die Zeit im Gefängnis erheblich.

Dringender Bedarf an zeitgemäßen Arbeitsplätzen

Weber kritisiert, dass es nicht nur in Sissach mangelnde Arbeitsmöglichkeiten gibt: "Im Schweizer Strafvollzug ist die allgemeine Verfügbarkeit von Arbeit unzureichend." Viele der vorhandenen Jobs orientieren sich nicht an den Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes. Besonders gefragt wären digitale Tätigkeiten, wie etwa im E-Commerce, doch die Vollzugsbehörden zögern, aus Angst vor möglichen Missbräuchen.

Zukunftsperspektiven

Das Regionalgefängnis Sissach wurde in einer Zeit errichtet, als es noch keine gesetzliche Arbeitsverpflichtung für Gefangene gab. Dennoch gibt es Hoffnung: Baselland plant, zwei Projekte mit externen Firmen zu starten, um die Arbeitsmöglichkeiten für die Insassen zu verbessern—so könnte bald ein großer Teil der Gefangenen in Sissach sinnvoll beschäftigt werden.