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Ehemaliger Insasse in Russland: "Nicht alles hinter der russischen Grenze ist Feindesland"

2024-09-21

Der deutsch-russische Doppelbürger German Moyzhes verbrachte zwei Monate in einem Gefängnis des russischen Geheimdienstes, nachdem er Ende Mai in St. Petersburg unter dem Vorwurf des "Landesverrats" festgenommen wurde. Im Hintergrund dieser Festnahme steht ein politisches Spiel von Wladimir Putin, der weitere Gefangene brauchte, um den in Deutschland verurteilten Geheimdienstagenten Wadim Krassikow freizupressen. Am 1. August kam es schließlich zu einem Gefangenenaustausch mit dem Westen. Moyzhes lebt jetzt wieder in seiner Heimat Köln, ohne Wut auf den Kreml, wie er in einem Interview mit SRF erklärte.

Moyzhes schildert seine Festnahme als sehr belastend, jedoch konnte er dank eines Pflichtanwalts und der Möglichkeit, seine Familie zu kontaktieren, relativ schnell wieder zu sich finden. Er beschreibt die Bedingungen im berüchtigten Lefortowo-Gefängnis als "ziemlich ordentlich" im Vergleich zu dem, was man erwarten könnte. "Die größte Herausforderung war die Isolation", erklärt er und fügt hinzu, dass er erst nach zehn Tagen in Einzelhaft einen Zimmergenossen bekam.

Trotz der schwierigen Umstände hegte Moyzhes keinerlei Wut gegenüber dem Moskauer Regime, sondern stellte sich die Frage, wieso er die Situation nicht vorhergesehen hatte. Letztlich wurde er nicht wegen seiner politischen Überzeugungen inhaftiert, sondern aufgrund falscher Anschuldigungen über vermeintliche Verbindung zu einem ausländischen Geheimdienst.

Ein wichtiger Faktor für seine psychische Gesundheit während der Haft war sein Zimmergenosse, ein erfahrener Häftling, der ihm beistand und half, die Situation zu akzeptieren. Moyzhes erkannte, dass es wichtig ist, die Hoffnung auf Freiheit zu bewahren und den Kontakt zu anderen Menschen, auch in der schwersten Zeit, zu pflegen.

Zurück in Deutschland fühlt sich Moyzhes nicht nur glücklich, sondern auch verpflichtet, anderen politischen Gefangenen zu helfen, die noch in Russland leiden. Er betont, dass es auch in Russland Menschen gibt, die humanitäre Arbeit leisten, insbesondere um ukrainischen Flüchtlingen zu helfen. Diese unentbehrlichen Helfer sind oft in gefährlichen Situationen, da sie keine lautstarke Kritik an den Machthabern üben können.

Moyzhes appelliert an den Westen, die komplexen menschlichen Geschichten hinter den politischen Kulissen zu erkennen. "Nicht alles was hinter der russischen Grenze ist, ist Feindesland", betont er. Er plant, sich weiterhin aktiv für die Menschenrechte und den Austausch von Gefangenen einzusetzen, in der Hoffnung, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wenigstens vorübergehend zu entschärfen.