Nation

Die Parteilosen Revolution: Ein neuer Trend in der Lokalpolitik

2025-01-06

Autor: Nina

In der Schweizer Lokalpolitik zeichnet sich ein markanter Trend ab: Immer mehr Politiker entscheiden sich, parteilos zu agieren. Laut dem aktuellen Gemeindemonitoring der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) sind fast die Hälfte aller Gemeinderäte in der Schweiz nicht mehr Mitglied einer Partei. Diese Entwicklung wirft Fragen auf und könnte eine grundlegende Veränderung in der politischen Landschaft der Schweiz bedeuten.

Ein Grund für diesen Aufstieg der Parteilosen könnte das zunehmend schlechte Image der traditionellen Parteien sein. Reto Steiner, Professor an der ZHAW und Projektleiter des Monitorings, hebt hervor, dass Bürgerinnen und Bürger immer häufiger eine Abneigung gegen parteipolitische Label entwickeln. „Die Menschen möchten keine politischen Etiketten tragen“, so Steiner.

Die Individualisierung der Gesellschaft spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle: Immer mehr Personen engagieren sich lieber in Projekten, statt sich in traditionellen Vereinen zu organisieren. Vermehrt suchen Gemeinden nach Menschen für politische Ämter, und oft sind es Exekutivmitglieder, die aus ihrem direkten Umfeld geeignete Kandidaten rekrutieren.

Ein auffälliges Beispiel sind die jüngsten Wahlen in Wassen (UR), wo zwei Männer, Felix Baumann-Baumann und Andreas Baumann-Zurfluh, gegen ihren Willen in den Gemeinderat gewählt wurden. Andreas, der aufgrund seiner Arbeit als Bauer keine Zeit für lange Sitzungen hat, äußerte: „Ich wollte gar nicht in den Gemeinderat“. Dies verdeutlicht das Phänomen, dass viele Parteilose oft keine Ambitionen auf eine politische Karriere haben und eher sporadisch aktiv sind, um der Gemeinschaft zu dienen.

Die Gefahr einer 'Verarmung der Demokratie' steht ebenfalls zur Debatte. Politologe Lukas Golder betont, dass eine starke verschwindende Parteistruktur dazu führen könnte, dass ein Wettstreit von Ideen fehlt und dass Parteilosigkeit oft zu einem Mangel an klaren politischen Positionen führt.

Eine weitere herausfordernde Komponente ist, dass in vielen Gemeinden mehr Ämter als Kandidierende existieren. Dies könnte dazu führen, dass Bürger nicht mehr über die eigentlichen politischen Positionen diskutieren, weil die Wahlmöglichkeiten so begrenzt sind.

Trotz der heraufziehenden Herausforderungen sieht Reto Steiner auch Chancen: „Parteilose können flexibler agieren und möglicherweise den Fokus auf die Sachpolitik legen“. Diese Entwicklung könnte Gelegenheiten eröffnen, eine breitere politische Diskussion anzuregen, jedoch birgt es auch das Risiko, dass Einzelinteressen über das Gemeinwohl gestellt werden.

Die Bedeutung der Parteien sollte nicht unterschätzt werden. Sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Entdeckung politischer Talente und bieten eine strukturierte Plattform, die auf gemeinsamen Werten und Zielen basiert. Golder betont, dass ohne die Kontrolle und Strukturen, welche Parteien bieten, das Risiko steigt, dass politische Korruption und Klientelismus gedeihen.

Insgesamt zeigt sich, dass die partielle Abkehr von Parteien in der lokalen Politik sowohl Risiken als auch Chancen birgt. Die Frage, ob dieser Trend anhält, wird maßgeblich davon abhängen, wie gut es gelingt, die Vorurteile gegen Parteien abzubauen und gleichzeitig die Vorzüge einer parteilosen Politik zu nutzen.