
Die Neandertalerin aus Shanidar: Ein überraschendes Gesicht unserer Vorfahren
2025-04-01
Autor: Noah
Die beeindruckende Rekonstruktion von ‚Shanidar Z‘ hat Wissenschaftler und Paläontologen gleichermaßen fasziniert.
Der markante Stirnwulst, das fliehende Kinn und die auffällig hervorstehende mittlere Gesichtspartie der Neandertalerin stehen in starkem Kontrast zu den Merkmalen moderner Menschen. Schaut man sich die Schädelknochen von Neandertalern und modernen Menschen nebeneinander an, ist es oft schwer vorstellbar, dass sie tatsächlich in der Lage waren, gemeinsame Nachkommen zu zeugen. Doch die neueste Rekonstruktion des Gesichts einer wahrscheinlich etwa 45-jährigen Neandertalerin zeigt, dass es nicht so große Unterschiede geben muss, wie man vielleicht annimmt. Möglicherweise sind einige ihrer Gesichtsmerkmale näher am heutigen Menschen, als lange geglaubt.
Die Überreste dieser Frau, die vor etwa 75.000 Jahren starb, wurden 2018 von Paläoanthropologen bei Ausgrabungen in der legendären Shanidar-Höhle im Nordirak entdeckt. Dieser Ort ist nicht nur eine Fundstätte für Überreste von Neandertalern, sondern wird auch als einer der wichtigsten Orte für die Erforschung der Menschheitsgeschichte betrachtet. Die Neandertaler betteten hier anscheinend ihre Toten in einer Art Grabritual zur letzten Ruhe.
Die Wissenschaftler bewältigten eine anspruchsvolle Aufgabe: Sie bargen den stark beschädigten und in zahlreiche Fragmente zerfallenen Schädel, indem sie ihn vorsichtig zusammen mit der umgebenden Erde ausgruben. Anschließend analysierten sie die einzelnen Stücke mithilfe der Computertomografie an der renommierten University of Cambridge. Jedes Schädelfragment wurde dann sorgfältig gereinigt, stabilisiert und schließlich wieder zusammengesetzt, um die faszinierende Form der Neandertalerin zu enthüllen.
Die niederländischen Paläokünstler Adrie und Alfons Kennis verwendeten einen 3-D-Drucker, um eine exakte Kopie des Schädels herzustellen und die fehlenden Teile zu ergänzen. Zusätzlich trugen sie ein spezielles Gewebe auf und überzogen es mit einer künstlichen Hautschicht, um der Rekonstruktion Leben einzuhauchen. Die Experten nutzten den Spielraum, der bei solchen Rekonstruktionen entsteht, um der Frau einen sanften, einladenden Ausdruck zu verleihen und somit die Verbindung zu ihren heute lebenden Verwandten zu betonen.
Diese Entdeckung wirft nicht nur Fragen über das Aussehen unserer Vorfahren auf, sondern auch über ihre Lebensweise und sozialen Strukturen. Experten sind sich einig, dass solche Funde unser Verständnis von der Entwicklung des Homo sapiens und der Interaktion zwischen verschiedenen Hominiden stärken können. Der Fall der Neandertalerin aus Shanidar bietet uns die Möglichkeit, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und herauszufinden, wie viel von ihr in uns selbst weiterlebt.