Der «Chilbi-Pfarrer»: So segnet er die Fahrgeschäfte auf der Mäss
2024-11-03
Autor: Gabriel
In diesem Jahr fand der beliebte Mäss-Gottesdienst wieder auf der Basler Herbstmäss statt, eine Tradition, die viele Menschen anzieht. Adrian Bolzern, der ehemalige katholische Priester und mittlerweile verheiratete Familienvater, war erneut in seiner unkonventionellen Rolle als "Pfarrer" zu sehen. Zwei Kinder hat er mit seiner Frau, aber bei den Schaustellern ist er nach wie vor als Geistlicher bekannt, der den besonderen Zugang zu den Feierlichkeiten bietet.
Bolzern hat vor zehn Jahren beschlossen, seine priesterlichen Pflichten aufzugeben, um ein neues Leben in der Ehe zu führen. Dennoch bleibt er der Szene treu und sorgt dafür, dass der Glaube auch auf einem Jahrmarkt einen Platz hat. Dies bestätigten auch die Schausteller, die eine besondere Verbindung zu ihm haben. „Einen ‚normalen‘ Pfarrer könnten wir nicht haben, das passt einfach nicht zu unserem Lebensstil“, sagte Hans Haeseli-Hammer, ein lokaler Schausteller, mit einem Augenzwinkern.
Der Gottesdienst beginnt um 10:30 Uhr im Herzen des Basler Mäss, direkt auf dem Gelände des "Crazy Scooters". Der Geruch von gebrannten Mandeln und Bratwürsten liegt in der Luft, während Bolzern in seinem weißen Gewand mit Mikrofon in der Hand die Feier „im Namen des Vaters und des Heiligen Geistes“ eröffnet. Diese Atmosphäre ist alles andere als gewöhnlich und zieht zahlreiche Zuhörer an.
Musikalisch untermalt wird die Feier mit einer Mischung aus Liedern für Kinder und Hits wie den von Imagine Dragons. „Hier ist die Zeit der Freude, und wir kommen zusammen, um zu feiern und zu danken“, erklärt Bolzern und erhebt seine Stimme über das Gelächter der Menge.
Das Besondere an Bolzerns Gottesdienst ist, dass er in Zusammenarbeit mit dem Kinderzirkus Piccolo und der Basler Bibelgesellschaft gestaltet wird. Die Kinder, die Geschichten von Abenteuern und Wendungen kennen, bleiben oft stehen, um die Darbietungen der Jongleure und akrobatischen Übungen zu verfolgen, die inmitten der Feierlichkeiten stattfinden. Dieses künstlerische Element spricht vor allem die jüngeren Besucher an und schafft eine einzigartige Verbindung zwischen den spirituellen und festlichen Aspekten der Messe.
Obwohl nicht alle in der Schweiz solche Gottesdienste unterstützen – einige Pfarrer betrachten sie als Konkurrenz – bleibt Bolzern optimistisch. „Ich möchte keine Kirche abwerten. Ich spreche einfach eine andere Zielgruppe an, die vielleicht nicht regelmäßig eine Kirche besucht“, erklärt er. Der frische, humorvolle Ansatz hat ihm viele Anhänger auf der Messe eingebracht.
Am Ende des Gottesdienstes segnet er die neuen Fahrgeschäfte und die Schausteller, wobei er mit einem Augenzwinkern hinzufügt: „Wir bitten Gott, dass die Kassen laden.“ Damit sorgt er nicht nur für Lachen, sondern auch für ein Gefühl von Gemeinschaft unter den Anwesenden.
Bolzerns Engagement zeigt, dass spirituelle Werte auch in unkonventionellen Umgebungen gedeihen können und dass die Herbstmesse nicht nur ein Ort des Vergnügens, sondern auch der Verbundenheit mit dem Glauben ist. Wer weiß, vielleicht wird dieser "Chilbi-Pfarrer" auch in Zukunft noch den ein oder anderen Segen über weitere Fahrgeschäfte und Attraktionen bringen.