„Billy Elliot“ auf Deutsch – Eine bewegende Adaption mit kleinen Mängeln
2024-11-05
Autor: Leonardo
Die Kultverfilmung von 2000, die zahlreiche Preise gewonnen hat, beginnt mit einem facettenreichen Bild: Billy tanzt alleine in seinem kleinen Kinderzimmer, während die Klänge der 70er und frühen 80er Jahre von T. Rex, The Clash und The Jam die Geschichte des elfjährigen Jungen untermalen.
Die Bühnenversion des Musicals öffnet mit einer radiophonischen Ankündigung der BBC über den Minenarbeiterstreik. Wir befinden uns im Jahr 1984 in Nordengland, genauer gesagt in einer kleinen Stadt im County Durham. In der Zürcher Maag Halle versammeln sich Bergleute und ihre Familien, um gemeinsam einen Protestsong einzustimmen und ihre Solidarität zu zeigen.
Die Grundstory bleibt unverändert: Billy wächst unter schwierigen Umständen in der rauen Welt der Minenarbeiter auf. Doch während seine Altersgenossen sich für das Boxen interessieren, zieht es ihn zum Ballett, was ihm massive Widerstände einbringt. Sein unermüdlicher Kampf für seinen Traum ist zentral.
Im Musical wird der Fokus jedoch mehr auf die Gemeinschaft gelegt als auf Billy allein. Am Ende erkennt die gesamte Gemeinde unter dem Eindruck von zahlreichen Ereignissen, die mit Billys Weg verbunden sind, seine Leidenschaft und unterstützt ihn.
Die Musik von Elton John
Das Musical hatte 2005 seine Premiere am Londoner West End und wurde 2008 auch in New York gefeiert, wo es stolze zehn Tony Awards gewann. Bei der Filmvorführung in Cannes überraschte Elton John den Regisseur Stephen Daldry mit der Idee einer Musicaladaption, und diese Vision nahm schnell Gestalt an.
Elton Johns Musik ist eine gelungene Mischung aus Pop, Rock und klassischen Musicalmelodien, die mit Varianten aus den britischen Pub- und Gemeinschaftstänzen verschmelzen und damit das Leben der Minenarbeiter authentisch reflektieren.
Hochkarätigen Cast erwartet
Der britische Tänzer und Choreograf Mitch Sebastian leitet die Inszenierung in Zürich. Die Schauspieler, darunter Billys Vater (Pascquale Aleardi) und seine Großmutter (Sabine Martin), sowie die Tanzlehrerin (Isabelle Flachsmann) und Siegmar Tonk als tanzender Ballett-Korrepetitor, sind international ausgezeichnet und bringen hohe Darbietungen auf die Bühne.
Billy und sein bester Freund Michael werden dreifach besetzt, ergänzt durch eine große Gruppe aus heimischen Ballettschulen. Diese Talente wurden gewissenhaft ausgewählt und über ein Jahr in Tanz, Gesang und Schauspiel ausgebildet. Ihre Auftritte sind voller Energie und Leidenschaft.
Der zwölfjährige Moritz Fischli aus Luzern, in der Premiere als Billy zu sehen, brilliert vor allem mit seinem außergewöhnlichen klassischen Tanz. Sein Freund Michael, gespielt von Justin Pèrier, zieht die Blicke fast auf sich, wenn er mit fabelhaftem Schauspiel und komödiantischer Wandlungsfähigkeit das Publikum begeistert – sei es als tanzendes Mädchen oder als glamouröse Diva in goldenem Glitzer.
Geänderte Lyrics – eine mutige Entscheidung?
In Zürich wurden die Lyrics von Lee Hall erstmals ins Deutsche übersetzt, allerdings gelingt es nicht, die Nuancen und den Humor des Originals vollständig zu erfassen. Besonders offensichtlich wird dies im packenden Song „Solidarity“, in dem sich Minenarbeiter und Polizeibeamte gegenüberstehen, während Billy im Ballettsaal probt. Das übersteuerte Soundsystem in der Maag-Halle beeinträchtigt zudem die Textverständlichkeit, was die Darbietung des nebenan spielenden Live-Orchesters dämpft.
Die Inszenierung erzählt eine eigene Geschichte und versucht nicht, mit dem Film zu konkurrieren. Dennoch ist sie bemerkenswert sehenswert, und die Musik begeistert das Publikum, auch wenn der deutsche Text ab und zu etwas stockend wirkt. Die Kombination aus beeindruckendem Tanz, mitreißender Musik und einer packenden Handlung macht „Billy Elliot“ zu einem unvergesslichen Erlebnis, das garantiert mehrere Emotionen weckt.