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Bern: Schulstress wegen Lehrplan 21 - Jetzt wird nach weniger Pflichtlektionen gerufen!

2024-12-17

Autor: Nina

Eine Mutter aus Bern erzählt, dass sie kürzlich ihre Tochter wegen Stress krankgemeldet hat. Vor einem Test hatte das Mädchen solche Angst, dass sie nur weinte. „Ich konnte kaum zu ihr durchdringen, um mit ihr die Aufgaben zu besprechen“, berichtet die besorgte Mutter. Doch das freie Wochenende half – ihre Tochter beruhigte sich und bestand den Test problemlos.

Was diese Mutter erlebt hat, ist kein Einzelfall. Laut einer aktuellen Studie von Pro Juventute leidet ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz unter schulischem Stress und Leistungsdruck.

Die Anforderungen in der Schule sind hoch, und viele Schulkinder fühlen sich erschöpft und belastet. Gründe dafür sind neben den Hausaufgaben und dem harten Leistungsdruck auch soziale Schwierigkeiten und die Tatsache, dass ihre Tage stark durchgetaktet sind, erklärt Lulzana Musliu, die Leiterin der Studie. „Den Kindern bleibt kaum Freizeit, um sich selbst zu entfalten, was für ihre persönliche Entwicklung äußerst wichtig ist“, so Musliu. Besonders durch freies Spiel, Zeit mit Freunden und Hobbys könnte der Nachwuchs ihre Interessen entdecken und Stress abbauen.

Der Lehrplan 21, der 2018 eingeführt wurde, hat die Anzahl der Pflichtlektionen in der Schule an vielen Orten erhöht. Beispielsweise müssen Erstklässler in Bern mittlerweile mindestens 25 Lektionen pro Woche besuchen, während Siebtklässler sogar 35 Lektionen absolvieren. Im Vergleich zur Zeit vor dem neuen Lehrplan war dies ein Anstieg von bis zu zwei Lektionen pro Woche – was zwar wenig erscheinen mag, aber in der Praxis bedeutete, dass viele Kinder weniger Freizeit hatten.

Widerstand regt sich also hinsichtlich dieser hohen Anforderungen. Im Kanton Zürich hat der Sekundarlehrer und Kantonsrat Christoph Ziegler (GLP) einen Vorstoß initiiert, um auf der Mittelstufe eine Reduktion um ein bis zwei Lektionen und auf der Oberstufe um zwei Lektionen zu fordern. Besonders auffällig ist, dass die Zürcher Schüler schon heute wöchentlich weniger Unterrichtsstunden haben als die Berner. Ziegler begründet seine Forderungen mit der psychischen Gesundheit der Schüler. „Die Kids sind gestresst, die Lehrpersonen sind gestresst, das gesamte Schulsystem ist überlastet“, erklärt er.

Erstaunlicherweise zeigen Statistiken, dass eine höhere Stundenzahl nicht immer zu besseren schulischen Ergebnissen führt. So verbringen Kinder in Genf vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse 830 Stunden mehr in der Schule als ihre Altersgenossen im Kanton Obwalden, was fast einem ganzen Schuljahr entspricht. Trotz dieser Differenz schneiden die Obwaldner Kinder in Sprachtests deutlich besser ab.

Der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband unterstützt Zieglers Initiative zur Reduzierung der Pflichtlektionen. Auch im Kanton Bern gibt es mittlerweile Lehrkräfte, die die hohen Lektionen kritisieren. Monique Bovay, eine Schulleiterin in Rüti, beschreibt die Situation als alarmierend: „Der Lehrplan 21 hat einfach zu viele Lektionen, was sich nicht nur negativ auf die Schüler, sondern auch auf die Lehrkräfte auswirkt.“

Alain Pichard, ein Pädagoge aus Biel, geht noch weiter und betont in einem Blogbeitrag, dass die Erhöhung der Lektionen zu müden und unmotivierten Schülern am Ende der Woche führt. Hier bestehen zudem darüber hinaus sinkende Schülerzahlen in Musikschulen, aber auch ein deutlicher Lehrermangel, der gegenwärtig nicht gedeckt werden kann.

In der aktuellen Diskussion um die Reduzierung von Lektionen stellt sich auch die Frage nach der Chancengleichheit. Der Lehrplan 21 sieht vor, dass Kinder und Jugendliche ihr Wissen in der Schule vertiefen. Stefan Wittwer vom bernischen Verband der Lehrpersonen betont, dass der Anstieg der Lektionen auch pädagogischen Gründen geschuldet sei – es sei wichtig, dass Kinder ausreichend Zeit zum Lernen hätten.

Letztendlich bleibt zu beobachten, wie die Forderungen nach einer Reduktion der Lektionen weiter diskutiert werden und wie die Schüler diese Veränderungen selbst wahrnehmen. Die Ergebnisse der Studie von Pro Juventute haben nicht eruiert, ob die Schülerinnen und Schüler den Schulstress allein auf die Dauer des Unterrichts zurückführen würden, aber viele von ihnen fühlen sich unter Zeitdruck – ein Alarmzeichen für die Bildungspolitik!