Autobahn-Abstimmung: Warum Michael Fischer, der ehemalige Kantonsbaumeister von St. Gallen, energisch Nein sagt
2024-11-11
Autor: Sofia
Einleitung
Der Streit um den Nationalstrassen-Ausbauschritt 2023 spitzt sich nicht nur politisch zu, sondern mobilisiert auch zahlreiche Experten. So warnt der Projektleiter der Engpassbeseitigung in St. Gallen, Pascal Hinder, in einem Interview nachdrücklich vor den Folgen eines Neins zur Abstimmung am 24. November. Ein Blick nach Basel zeigt, dass sogar der grüne Baudirektor Isaac Reber, der über umfassende Kenntnisse in Geografie und Raumplanung verfügt, keine Alternative zum geplanten Rheintunnel sieht.
Gegner und Befürworter
Gegner des Nationalstrassenpakets sind jedoch zahlreich. Befürworter von nachhaltiger Mobilität sind alarmiert: In einem offenen Brief positionieren sich mehrere Hundert Mobilitätsexpertinnen und -experten klar gegen das Projekt. Auch der Bund der Schweizer Architektinnen und Architekten (BSA) spricht sich entschieden gegen die Vorlage aus. In ihren Warnungen heben sie negative Auswirkungen für die Städte hervor — insbesondere in St. Gallen, wo der Bau einer dritten Röhre durch den Rosenberg und den Zubringer zum Güterbahnhof geplant ist.
Michael Fischer und seine Ansichten
Michael Fischer, Vorsitzender der BSA-Ortsgruppe Ostschweiz und ehemaliger Partner des renommierten Architekturbüros Herzog & de Meuron, hat in seiner Funktion als Kantonsbaumeister die Entwicklungen der letzten Jahre genau beobachtet. Fischer war unter anderem für den Bau der beiden Roche-Türme in Basel verantwortlich und hat sich später in St. Gallen mit der Testplanung für das Güterbahnhofareal beschäftigt. Nach seiner Trennung vom Kanton Ende 2022 betreibt er mittlerweile ein eigenes Büro für Bauherrenberatung.
Fischers Kritik am Ausbaupaket
Fischer unterstützt das Nein des BSA Schweiz vehement: "Ja, wir haben dies im Vorstand des BSA Ostschweiz besprochen und teilen diese Haltung." Er kritisiert das Ausbaupaket als undifferenziert und stellt fest: "Es fokussiert auf mehr Straßenkapazität ohne begleitende Maßnahmen, was einseitig und nicht mehr zeitgemäß ist." Ziel der Städte müsse es jedoch sein, nachhaltige Mobilität zu stärken — durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und Investitionen in Veloschnellrouten.
St. Galler Regierung und die dritte Röhre
Aus Sicht der St. Galler Regierung jedoch wird die dritte Röhre als integraler Bestandteil eines nachhaltigen Stadtentwicklungsprojekts vermarktet. Fischer schränkt ein: „Die Planungen hätten das Optimale für den Stadtraum herauszuholen versucht, aber ideal wäre es, wenn überhaupt keine Autobahn dort käme.“ Der Zubringer opfere wertvolle Flächen im Stadtgebiet, die hervorragend an den öffentlichen Verkehr angebunden sind — dies sei nicht mehr zeitgemäß.
Auswirkungen des Autoverkehrs
Besonders stören ihn die Auswirkungen des Autoverkehrs. Fischer kritisiert, dass der Autoverkehr in St. Gallen, vor allem in der Altstadt, sehr dominant sei und Fußgänger oft benachteiligt würden. „Es ist absurd, dass in unserer Altstadt der Privatverkehr ohne Weiteres über den Gallusplatz fahren darf.“
Befürchtungen und Lösungen
Er befürchtet, dass durch die Realisierung der dritten Röhre und des Zubringers das untergeordnete Straßennetz überflutet wird. "Die Autos, die aus dem Tunnel kommen, müssen ja irgendwo hin", sagt er. Fischer glaubt nicht, dass die Engpassbeseitigung Staus langfristig verhindern kann: „Ich habe erlebt, wie schnell die Entlastung durch den Gubristtunnel verpufft ist. Wenige Jahre nach seiner Eröffnung waren die Straßen rundherum wieder überlastet. Daher benötigen wir innovative Verkehrslösungen, etwa intelligentes Verkehrsmanagement, um der Verkehrswachstumsproblematik wirklich gerecht zu werden."
Ingenieure und Wirtschaftswachstum
Währenddessen setzen die Ingenieure auf die Notwendigkeit eines Ja zur Abstimmung und verteidigen das Ausbauprojekt mit den Argumenten für Wirtschaftswachstum und Verkehrsentlastung.