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Alkoholkonsum in der Schweiz sinkt: Sollen Bars und Clubs gerettet werden?

2025-01-13

Autor: Noah

Darum geht es

In der Schweiz kämpfen Bars und Clubs mit einem drastischen Umsatzrückgang aufgrund des gesunkenen Alkoholkonsums. Während sich die Bevölkerung zunehmend von Alkohol abwendet, schlagen einige hinein, staatliche Unterstützung zu fordern, um das Nachtleben zu bewahren.

Politiker aus verschiedenen politischen Lagern sind jedoch skeptisch gegenüber Subventionen. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Im Jahr 2023 wurde mit weniger als 50 Litern pro Person und Jahr so wenig Bier konsumiert wie nie zuvor in der Geschichte der Schweiz.

Gesundheitlich mag dies eine positive Entwicklung sein, doch die wirtschaftlichen Konsequenzen sind gravierend: Bar- und Clubbesitzer sehen sich mit abnehmenden Umsätzen konfrontiert und müssen um ihre Existenz fürchten.

„Umsatz pro Gast um 40 Prozent gesunken“

„Wenn wir die Jahre 2018 und 2023 vergleichen, hat sich der Umsatz pro Gast um 40 Prozent reduziert“, erklärt Alexander Bücheli, Sprecher der Zürcher Bar- und Club-Kommission, gegenüber der „NZZ am Sonntag“. Der Rückgang ist hauptsächlich auf das veränderte Trinkverhalten zurückzuführen, das als eine Folge des wachsenden Gesundheitsbewusstseins betrachtet wird. Im Gegensatz zu den 90er-Jahren, als Clubbesucher auf Ecstasy umschwenkten, meiden die Menschen heute bewusst Alkohol.

Laut einer Umfrage machen Eintrittstickets nur 27 Prozent des Umsatzes in Nachtclubs aus, während etwa 60 Prozent durch den Getränkeverkauf erzielt werden. In Bars liegt dieser Anteil sogar bei 85 Prozent. Zudem fällt auf, dass die traditionelle Stammtischgeneration wegsterben und die jüngeren Generationen deutlich weniger Alkohol konsumieren.

Zahlen aus der Gesundheitsbefragung 2022 des BFS zeigen, dass über die Hälfte der 15- bis 24-jährigen Männer entweder abstinent lebt oder weniger als einmal pro Woche Alkohol konsumiert. Bei gleichaltrigen Frauen sind es sogar fast zwei Drittel, die kaum oder gar nicht trinken.

Zusätzlich steigt zwar die Nachfrage nach alkoholfreien Alternativen, jedoch können diese die rückläufigen Umsätze der alkoholischen Getränke nicht ausgleichen. Bücheli betont: „Eine Stadt ohne Nachtleben ist tot. Die Politik muss dringend darüber nachdenken, wie sie die Kultur des Nachtlebens unterstützen kann.“

Politiker: „Alkoholkultur weiter finanzieren – bitte nicht“

Die Forderung nach staatlicher Hilfe stößt auf Widerstand. FDP-Nationalrat Marcel Dobler nennt diese eine „Schnapsidee“. Er argumentiert, dass man nicht mit Steuergeldern künstlich einen notwendigen Strukturwandel aufhalten könne: „Gerade in der aktuellen finanzpolitischen Lage wäre das unverantwortlich.“

Grüne Politikerin Katharina Prelicz-Huber gibt zu bedenken, dass Subventionen für Bars und Clubs, die tatsächlich kulturelle Beiträge leisten – etwa durch die Bereitstellung von Plattformen für Bands oder Ausstellungen – gerechtfertigt sein könnten. Sie warnt jedoch davor, dass eine Unterstützung für Lokale, die nur aufgrund fehlender Alkoholverkäufe in Not sind, problematisch ist. "Ich bin froh, dass die jungen Leute weniger trinken. Unsere Alkoholkultur weiter zu finanzieren, kann nicht die Lösung sein,” sagt sie.

Das Nachtleben mit innovativen Geschäftsideen neu beleben

FDP-Nationalrätin Bettina Balmer stimmt dieser Sichtweise zu und hebt hervor, dass die kulturelle Vielfalt in der Schweiz wichtig sei. Sie appelliere an innovative Geschäftsideen und private Initiativen, um das Nachtleben neu zu gestalten, anstatt sich auf eine Steigerung des Alkoholkonsums zu konzentrieren.

Allerdings könnte unter bestimmten Umständen auch staatliche Unterstützung erwogen werden. Wie Balmer erklärt, wurde die bundesrätliche Kulturbotschaft für 2025 bis 2028 bereits genehmigt, die einen Finanzrahmen von rund 988 Millionen Franken für die Kultur vorsieht.

Die Alkoholindustrie hat ihren Höhepunkt erreicht

Laut der Präventionsorganisation Blaues Kreuz wird die Debatte um Subventionen keine Stellungnahme erhalten. Es wird jedoch erwartet, dass der Trend des sinkenden Alkoholkonsums weiterhin anhält. Mit der wachsenden Beliebtheit alkoholfreier Getränke sehen viele Bars und Clubs Verbesserungspotenzial, obwohl sie oft zu spät auf diesen Trend reagiert haben. Mediensprecher Martin Bienlein äußert die Vermutung, dass die Alkoholindustrie ihren Höhepunkt erreicht hat: „Irgendwo gibt es Grenzen – und ich glaube, dass wir als Gesellschaft an dieser Grenze angekommen sind.“

Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird es für Bars und Clubs eine Herausforderung sein, sich an die veränderten Konsumverhalten anzupassen und neue Wege zu finden, um ihre Umsätze zu sichern. Die Zukunft des Nachtlebens in der Schweiz könnte letztlich von der Kreativität und Innovationskraft der Betreiber abhängen.