Zürcher Sihlstrasse wird autofrei: Das revolutionäre neue Verkehrsregime für die Innenstadt
2024-11-08
Autor: Simon
Zürich plant seit fast 30 Jahren eine autofreie Sihlstrasse – eine zentrale Verbindung, die vom Casino zum Hiltl-Restaurant bis hin zur Bahnhofstrasse führt. Im vergangenen Sommer wurden endlich konkrete Pläne für den Umbau veröffentlicht, und nun gibt es erste Visualisierungen, wie die Sihlstrasse zur Fußgängerzone umgestaltet wird. Diese Pläne sind öffentlich zugänglich und sorgen für reges Interesse.
Der Individualverkehr, der derzeit auf zwei Spuren in Richtung Limmat unterwegs ist, wird künftig über die Uraniastrasse geleitet. Im Abschnitt zwischen Sihlporte und Werdmühleplatz wird es in jeder Richtung eine Autospur von 2,75 Metern Breite geben. Zusätzlich sind auf beiden Seiten Radstreifen eingeplant. Eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h wird eingehalten.
Ein innovatives Element in diesem neuen Verkehrsregime ist der zentrale Mehrzweckstreifen in der Mitte der beiden richtungsgetrennten Spuren, der zwei Meter breit ist. Dieser erstreckt sich von der Sihlporte bis zum Werdmühleplatz und könnte einige Menschen anfangs irritieren.
Die Umsetzung ähnlicher Konzepte in Wipkingen hat in der Vergangenheit zu kritischen Stimmen geführt. Dort wird der Mehrzweckstreifen als potenziell gefährlich angesehen, da Fußgänger die Straße überall überqueren können, jedoch keinen Vorrang haben. Kritiker, darunter auch Fachleute und Politiker, warnen besonders vor Gefahren für Menschen mit Einschränkungen, Kinder und ältere Personen.
Um die Sicherheit zu gewährleisten, bleiben die bestehenden Lichtsignalanlagen an der Bahnhofstrasse, vor dem Jelmoli sowie bei der Sihlporte und dem Bahnhofquai erhalten.
Überraschende Neugestaltung mit 87 neuen Bäumen
Das neue Verkehrsregime erstreckt sich bis zum Werdmühleplatz und im Abschnitt zwischen der Lindenhof-Überführung und der Rudolf-Brun-Brücke wird der Verkehr wieder zweispurig in Richtung Limmat geleitet.
Der Radweg am Straßenrand hat mit 1,60 Metern eine Breite, die unter den städtischen Velorichtlinien liegt, die einen Mindestabstand von 1,80 Metern vorschreiben. Das Tiefbauamt hat jedoch den Raum für Fußgänger höher gewichtet.
Die Löwenstrasse, für die es noch keine Visualisierungen gibt, wird zu einer Begegnungszone mit Tempolimit 20 umgewandelt. Gleichzeitig werden dort Bäume gepflanzt, und auch die angrenzenden Querstraßen werden begrünt. Insgesamt plant das Tiefbaudepartement 87 Neupflanzungen, wobei acht der bestehenden 57 Bäume gefällt werden müssen. An der Uraniastrasse wird es aufgrund von Platzmangel nicht möglich sein, neue Bäume zu pflanzen.
Mit der Verkehrsentlastung werden auch 76 gebührenpflichtige Parkplätze gestrichen, dafür werden 180 neue Abstellplätze für Zweiräder geschaffen.
Die Pläne des Tiefbauamts stießen bereits im Sommer auf Widerstand – die SVP bezeichnete die Maßnahmen als „unerlaubte Anti-Auto-Träumerei“. Diese Politik verstößt ihrer Meinung nach gegen den Anti-Stau-Artikel der Kantonsverfassung, da die Spurreduktion auf der Uraniastrasse die Kapazitäten für Autos verringert. Andererseits wird das Umbauprojekt von der links-grünen Opposition als positiv angesehen.
Das Tiefbaudepartement hat das Ziel, diese weitreichenden Änderungen bis 2030 umzusetzen. Es ist bemerkenswert, dass es dann mindestens 40 Jahre gedauert hat, bis eine solche Verkehrsentlastung in der Innenstadt tatsächlich umgesetzt wird. Diese Initiative verspricht, das Stadtbild und die Lebensqualität in Zürich erheblich zu verbessern und könnte ein Vorbild für andere Städte werden.