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Zermatt: Die Seilers und ihre revolutionäre Wirkung auf den Tourismus

2024-11-03

Autor: Leonardo

Die faszinierende Geschichte der Hoteliersfamilie Seiler hat nicht nur Zermatt, sondern auch den gesamten Schweizer Tourismus nachhaltig geprägt – besonders während der glanzvollen Ära der Belle Époque.

Der Urenkel, Stephan Seiler, hat tief in den Archiven gegraben und die umfassende Familiengeschichte in seinem Buch „Die Seiler-Saga“ dokumentiert. Hier sind die schlüssigen Punkte der Familiengeschichte, die Generationen von Reisenden angezogen hat:

Vom Seifensieder zum Hotelfürsten

1852 trat Alexander Seiler in das abgeschottete Bergbauerndorf Zermatt ein. Auf den Rat seines Bruders, des Dorfpfarrers, kaufte der gelernte Seifensieder eine kleine Herberge mit nur 12 Betten. „Er sollte eigentlich ein Gasthaus mit der besten Aussicht auf der Riffelalp errichten, aber das kam nicht zustande“, berichtet Stephan Seiler. Keiner ahnte damals, dass dieser Schritt der Grundstein für Zermatts Entwicklung zu einem weltbekannten Tourismusziel werden würde.

Die Eroberung des Matterhorns

Die dramatische Erstbesteigung des Matterhorns am 14. Juli 1865, bei der mehrere Bergsteiger starben, zog Abenteurer und Adelige aus ganz Europa in die Seilers Hotels. Sie wollten entweder das Matterhorn bezwingen oder einfach die unvergleichliche Bergwelt genießen. Innerhalb von nur 40 Jahren hatte Alexander Seiler in Zermatt, Brig und am Rhonegletscher ein Imperium aus neun Hotels mit 1000 Betten und 700 Angestellten aufgebaut, darunter das prestigeträchtige Mont Cervin und den Zermatterhof.

Der Aufstieg des „Ausländischen“

Alexander Seiler kam aus bescheidenen Verhältnissen. „Er besuchte nur die Primarschule und ging dann nach Deutschland, um andere Kulturen kennenzulernen“, erklärt Stephan Seiler. Trotz der frühe Herausforderungen heiratete Alexander schließlich Catharina, mit der er 16 Kinder hatte. Beide prägten nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die gesellschaftliche Landschaft Zermatts während der Belle Époque. Allerdings stießen die Seilers nicht nur auf Zustimmung. „Es gab viel Widerstand, und die Familie musste 18 Jahre für das Bürgerrecht kämpfen. Obwohl sie aus dem Wallis stammten, wurden sie lange Zeit als Ausländer betrachtet.”

Der Tourismusboom geht weiter

Alexander Seiler verstarb am 10. Juli 1891, zeitgleich mit der Eröffnung der letzten Etappe der Visp-Zermatt-Bahn, die er maßgeblich vorangetrieben hatte. Die Erfolgsgeschichte der Seilers wird fortgesetzt: Alexanders Sohn gründete später die Organisation Schweiz Tourismus, die international für die Schweiz wirbt. „Wir sind alle sehr stolz auf das, was unsere Familie geleistet hat“, sagt Urenkel Stephan Seiler. Der Tourismusboom in Zermatt hält bis heute und im Jahr 2024 wurden von Januar bis August über 1,2 Millionen Übernachtungen registriert.

Der große Verkauf

2021 ging eine über 170-jährige Familienlegende zu Ende, als das Familienunternehmen an die Schweizer Spital- und Hotelgruppe Aevis Victoria verkauft wurde, der mehrere Luxushotels angehören.

Die große Frage bleibt

Warum hat Stephan Seiler genau jetzt ein 350 Seiten starkes Buch über die Familiengeschichte geschrieben? „Über Alexander Seiler wurde viel geschrieben, aber es gibt kein Buch, das die gesamte Geschichte erzählt“, erklärt der Urenkel. Bei Aufräumarbeiten entdeckte er 2014 kistenweise alte Dokumente, die ihn inspirierten, diese spannende Erzählung niederzuschreiben. Der Leser darf sich auf Einblicke in das Leben der Seilers freuen, die nicht nur von Erfolgen, sondern auch von Herausforderungen und Widerständen geprägt waren.