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Windkraft-Proteste: Großes Aufheben oder nur ein Papiertiger?

2024-09-29

In den letzten Monaten hat die Bürgerinitiative "Gegenwind Neckar-Alb" in Baden-Württemberg mit erstaunlichen 440.000 Einsprüchen gegen geplante Windkraftflächen auf sich aufmerksam gemacht. Doch was steckt wirklich hinter dieser gigantischen Zahl? Diese Initiative hat sich der Aufgabe verschrieben, den Widerstand gegen Windkraft in der Region zu organisieren, doch die tatsächliche Bedeutung dieser Einsprüche könnte trügerisch sein.

Windkraft ist ein heißes Thema über ganz Deutschland hinweg, vor allem da immer mehr Windräder geplant werden. Die Klagen und Bürgerentscheide drängen die Gerichte und Verwaltungen in ganz Deutschland, während Bürgerinitiativen in verschiedenen Regionen aktiv werden, um ihre Stimme gegen Windkraftprojekte zu erheben. Während Neckar-Alb die traurige Spitze mit 440.000 Einsprüchen hält, folgen andere Regionen wie Schwarzwald-Baar-Heuberg zwar, aber mit nur 16.000 Einsprüchen ist der Abstand erheblich.

Die Dringlichkeit der Situation ist unübersehbar: Bis September 2025 müssen Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen werden. Andernfalls könnte der Bau von Windparks in nicht festgelegten Gebieten zunehmen, was die Befürchtung der Kommunen schürt, dass sie die Kontrolle über zukünftige Entwicklungen verlieren könnten. Mindestens 1,8 % der Regionsfläche müssen für Windenergie ausgewiesen werden, mit ähnlichen Auflagen in anderen Bundesländern.

Aber die Frage bleibt: Handelt es sich um einen echten Protest oder ist das Ganze am Ende nur ein Papiertiger? Denn die Initiative hat die Einsprüche vorwiegend online mit vorgefertigten Formularen gesammelt, um sie dann beim Regionalverband abzugeben. Ironischerweise wurde die Möglichkeit der digitalen Einreichung ignoriert, was zu einem enormen Papierverbrauch führt. Dies bringt die Bürgerbewegung in ein schlechtes Licht und stellt die Ernsthaftigkeit ihrer Proteste in Frage.

Der Bundesverband WindEnergie (BWE) äußerte sich kritisch zu diesen Vorgehensweisen und fordert eine vollständige Digitalisierung der Verfahren zur Einspruchseinreichung. BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm erklärte, dass die Aktionen der Anti-Windenergie-Initiativen die wichtige Bürgerbeteiligung der Verfahren pervertieren.

Eine Analyse der eingereichten Einsprüche zeigt, dass oft eine einzelne Person bis zu 140 Einsprüche eingereicht hat, was die Frage aufwirft, wie viele tatsächliche Unterstützer hinter diesen Einsprüchen stehen. Diese Entdeckung hat Ähnlichkeiten mit der Figur des „Scheinriesen“ aus dem Kinderbuch „Jim Knopf“. Auf den ersten Blick mag alles imposant erscheinen, der Realität entpuppt sich jedoch etwas ganz anderes.

Das Fehlen von Erfahrung mit Windkraftanlagen in der Region Neckar-Alb spielt eine entscheidende Rolle. In den Kreisen Tübingen, Reutlingen und Zollernalb gibt es nur wenige Windräder, was möglicherweise den Widerstand anheizt. Die Stadtwerke Tübingen haben festgestellt, dass in Regionen mit bereits vorhandenen Windkraftanlagen eine höhere Akzeptanz für neue Projekte besteht.

Zahlreiche Bürgerinitiativen sind mittlerweile gut vernetzt und bilden Strategien, um ihre Stimmen zu bündeln und somit größeren Einfluss zu gewinnen. Im kommenden Jahr dürfen die Bürger erneut ihre Ansichten zu den Planungen der Regionalverbände äußern. Es bleibt abzuwarten, ob die Protestwelle anhält oder ob die Realität der Windkraftnutzung und ihre Vorteile immer mehr Menschen überzeugen werden.

Eine dringende Forderung besteht darin, die Verfahren umfassend zu digitalisieren. Mit der Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes hat die Bundesregierung bereits erste Schritte unternommen. In den kommenden Monaten wird das Landesplanungsgesetz in Baden-Württemberg überarbeitet, um eine digitale Einreichung zu ermöglichen. Dies könnte sowohl für Bürgerinitiativen als auch für Regionalverbände von Vorteil sein, denn die Notwendigkeit, Einsprüche auszudrucken und erneut digital einzureichen, würde entfallen und Zeit sowie Ressourcen sparen.

In einer Zeit, in der der Klimawandel immer drängender wird, bleibt die Herausforderung des Ausbaus der Windkraft eines der zentralen Themen in der aktuellen Energiepolitik – und damit auch der Protest dagegen. Aber die entscheidende Frage lautet: Welche Seite wird sich am Ende durchsetzen?