Welt

Wie lange kann die Ukraine durchhalten?: Eine kritische Analyse der Lage

2024-09-15

Die Situation im Ukraine-Konflikt ist nach zweieinhalb Jahren kämpferischer Auseinandersetzungen angespannt. Die ukrainischen Truppen sind erschöpft und kämpfen unter hohen Verlusten. Trotz der Rekrutierung neuer Soldaten wird befürchtet, dass die Zahl der Kämpfer nicht den Bedarf decken kann, insbesondere angesichts des konstanten Drucks durch die russischen Streitkräfte.

Militärexperte Wolfgang Richter warnt, dass die bisherigen Strategien des Westens, die sowohl Waffenlieferungen als auch Sanktionen umfassen, versagen. Er hebt hervor, dass das ukrainische Militär, das seit 30 Monaten im Einsatz ist, kaum erneuert wurde. Viele Soldaten sind erschöpft, und die Effektiv-Stärke liege in einigen Einheiten bei nur 25 Prozent.

Die neuen Rekruten, die Ende September an die Front geschickt werden sollen, könnten möglicherweise die meisten Defizite nicht ausgleichen. Richter betont, dass die Personalsituation nach wie vor die Achillesferse der Ukraine ist. Selbst wenn die westlichen Länder weiterhin Kriegsmaterial liefern, bleibt die Frage, ob ausreichend Personal vorhanden ist, um diese Waffen effektiv einzusetzen.

Zusätzlich sind die russischen Streitkräfte weit weniger betroffen von Personalmangel. Es wird berichtet, dass Russland hohe finanzielle Anreize (über 20.000 Franken) für Männer bietet, die sich freiwillig melden. Dies hat zu einem Anstieg der Rekrutierungen geführt, und die Gesamtstärke der russischen Armee dürfte mittlerweile bei über einer Million Mann liegen, mit etwa 60 Prozent im aktiven Einsatz.

Im Osten der Ukraine, insbesondere in der Region um die Stadt Pokrowsk, spitzt sich die Lage zu. Sollte diese strategisch wichtige Stadt fallen, könnte dies die militärische Position der Ukraine erheblich gefährden. Richter erklärt, dass ein möglicher Durchbruch der russischen Truppen katastrophale Folgen für die ukrainische Verteidigung hätte. Durch zunehmende russische Angriffe mit Geländegewinnen von 1-2 Kilometern pro Tag wird die Lage der Ukraine immer kritischer.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die Ukraine sich auf ihre Luftabwehr verlassen muss, denn während die F16-Jets, die von verschiedenen europäischen Ländern bereitgestellt werden, in der Ukraine eintreffen, bleibt die Anzahl der ukrainischen Kampfflugzeuge, die seit Kriegsbeginn stark geschrumpft ist, eine Herausforderung. Aktuell könnte der Bestand bei weniger als 80 Jets liegen, was die Luftverteidigung zusätzlich schwächt.

Die westlichen Sanktionen gegen Russland haben bisher nicht den erhofften Effekt erzielt. Richter betont, dass die Resilienz der russischen Industrie und die Nichtteilnahme verschiedener Länder des globalen Südens an diesen Maßnahmen entscheidend für den Fortbestand der russischen Kriegsanstrengungen sind. Gleichzeitig mahnt er, dass eine militärische Lösung für den Konflikt nicht in Sicht ist; Verhandlungen seien unerlässlich und werden wahrscheinlich schmerzhafte Kompromisse für beide Seiten erfordern.

Insgesamt bleibt abzuwarten, wie lange die Ukraine mit ihrer gegenwärtigen Strategie durchhalten kann und ob die internationalen Unterstützungsmaßnahmen ausreichen werden, um einen Zusammenbruch der Ukraine zu verhindern. Der Kampf ist noch lange nicht gewonnen, und viele Fragen stehen noch im Raum, darunter die Wirksamkeit der Waffenlieferungen und die Fähigkeit der Ukraine, ihre Verteidigung aufrechtzuerhalten.