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Vermisster ukrainischer Soldat – Mutige Mutter in Odessa demonstriert

2024-11-03

Autor: Lukas

Ein dramatischer Aufruf nach Wahrheit und Gerechtigkeit: Die Mutter des vermissten ukrainischen Soldaten Nikita Schowkolenko hat sich in Odessa lautstark Gehör verschafft. Seit nunmehr zehn Monaten fehlt von dem 25-jährigen Rekruten, der an der Südfront kämpfen sollte, jede Spur.

Die Tragödie ist Teil eines viel umfassenderen Problems – Zehntausende Ukrainer sind entweder vermisst oder gefangen in russischen Lagern. Angehörige von Soldaten fordern vermehrt von der Regierung, intensivere Anstrengungen zu unternehmen, um ihre Liebsten zurückzuholen und mehr Transparenz über den aktuellen Stand der Dinge zu schaffen.

Am letzten Sonntag im Oktober versammelten sich in Odessa rund 200 Menschen an der belebten Derybasiwska-Straße, um zu demonstrieren. Sie hielten Portraits ihrer vermissten Angehörigen hoch und erinnerten an die tapferen Soldaten der Brigade Asow, die nach dem blutigen Kampf um das Stahlwerk in Mariupol immer noch in russischer Gefangenschaft sind.

Oksana Rotscheld, die 46-jährige Mutter von Nikita, trat bei der Demonstration in der Militäruniform ihres Sohnes auf, dessen Rufname "Kot" bedeutet: Katze. „Ich habe seine Uniform getragen, um zu zeigen, dass er ein Held ist und dass wir sie nicht vergessen werden“, erklärte sie unter Tränen.

Die Familie führte vor dem Krieg ein glückliches Leben. Nikita meldete sich gleich am ersten Tag des russischen Übergriffs freiwillig zur Armee. Leider verlor er am 10. Dezember 2023 im Rahmen einer Gegenoffensive bei Saporischschja den Kontakt zu seiner Familie.

Die Wartenden sind frustriert: Die letzten Informationen, die sie über Nikita erhalten hatten, waren lückenhaft. Oksana berichtete von kaum erträglichen Umständen, die ihre Familie durchleidet. „Wir fühlen uns machtlos, niemand gibt uns Antworten. Es ist wie ein ständiger Stich ins Herz“, sagte sie.

Der Frust richtet sich auch gegen die Regierung und das Rote Kreuz, die nicht in der Lage sind, genügend Informationen über gefangene Soldaten zu liefern. „Wir haben das Gefühl, dass unsere Angehörigen einfach nur Zahlen sind“, betonte die 26-jährige Schwiegertochter von Oksana, Inga Schowkolenko.

In den letzten Monaten haben sich die Angehörigen vernetzt und eine Gruppe in sozialen Medien gegründet, die mittlerweile über 700 Mitglieder zählt. Gemeinsam haben sie einige Protestaktionen organisiert, um mehr Aufmerksamkeit auf das Schicksal ihrer vermissten Angehörigen zu lenken. Sie brachten Anfang Oktober 3.000 Menschen auf die Straße in Kiew, um für die Freilassung der Gefangenen zu protestieren.

Durch Informationen aus Katar erhielt die Ukraine kürzlich neue Daten über vermisste Soldaten und Briefe von Kriegsgefangen an ihre Familien. Diese Entwicklung gibt den Angehörigen einen Funken Hoffnung. Immer wieder tauchen vermisste Soldaten lebend auf, insbesondere im Rahmen von Gefangenenaustauschen mit Russland.

Gleichzeitig gibt es jedoch Berichte über die grausamen Bedingungen, unter denen gefangene Ukrainer in Russland leiden. Die Vereinten Nationen berichteten von Folter und Misshandlungen, die viele Überlebende erlebt haben. Die Angehörigen sind sich im Klaren, dass das Verschwinden ihrer Liebsten ein gewaltiges Unrecht ist, das nicht in Vergessenheit geraten darf.

„Wir müssen weiter kämpfen, für unsere Söhne, für unsere Ehemänner. Unsere Stimmen müssen gehört werden“, erklärt Oksana entschlossen. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Nikita bleibt stark – sie wird für ihn und die anderen Kämpfer nicht aufgeben.