
Vergewaltigung: Freispruch aufgrund möglicher falscher Erinnerungen erschüttert das Land
2025-03-28
Autor: Nina
Am Dienstag fand am Kreisgericht Toggenburg in Lichtensteig ein außergewöhnlicher Fall wegen möglicher Vergewaltigung statt. Der beschuldigte Unternehmer aus Toggenburg sah sich schwerwiegenden Vorwürfen gegenüber. Die Privatklägerin, die 1998 geboren wurde, behauptete, dass der Mann sie zwischen Juni 2003 und August 2005 zu sexuellen Handlungen gezwungen haben soll.
Die Staatsanwältin stellte dar, dass der etwa 40-jährige Beschuldigte die Kindergärtnerin plötzlich auf der Straße gepackt, in sein Haus getragen und dort vergewaltigt habe. Nach diesen grauenhaften Taten habe er sie im Zimmer eingeschlossen und sei später zu ihr zurückgekehrt, um sie freizulassen, nachdem er sie angewiesen hatte, niemandem von dem Vorfall zu erzählen.
Unerklärliche Diskrepanzen in den Aussagen
Vor Gericht wies der Angeklagte die Vorwürfe vehement zurück. „Das ist eine erfundene Geschichte. Sie stimmt nicht“, betonte er.
Die Privatklägerin wurde in Abwesenheit des Beschuldigten befragt. Dabei kam heraus, dass sie bei verschiedenen Befragungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft teils unterschiedliche Aussagen gemacht hatte. In einer Erzählung gab sie an, dass der Mann vaginal in sie eingedrungen sei, in einer anderen hingegen nicht. Ihre Berichte über Schreie nach Hilfe wichen erheblich voneinander ab, was auf Verwirrung in ihrer Erinnerung hindeutete. Auf die direkte Frage, warum sie diese Unterschiede nicht erklären könne, antwortete die Privatklägerin jedes Mal mit „Nein“.
Psychische Probleme und ihre Auswirkungen
Während der Befragung wurde bekannt, dass die Privatklägerin seit 2016 aufgrund von psychischen Problemen, einschließlich Essstörungen und Panikattacken, in Therapie ist. Dennoch war die angebliche Vergewaltigung in ihrer Kindheit während dieser Behandlungen nie ein Thema. Dies änderte sich erst nach einem Arztbesuch im Jahr 2023, als sie bei einer Routineuntersuchung eine Panikattacke erlitt. Die behandelnde Ärztin verband diese Attacke mit möglichen sexuellen Übergriffen in ihrer Kindheit, was die Erinnerung der Privatklägerin in eine neue Richtung lenkte. Ein Gespräch mit einer Freundin, die Suggestivfragen stellte, verstärkte die Erinnerungen an die mutmaßliche Tat, und sie behauptete plötzlich, dass ihr Nachbar sie vor zwanzig Jahren vergewaltigt habe.
Für die Staatsanwältin waren die Panikattacken beim Gynäkologen ein Hinweis auf unterdrückte Erinnerungen, doch das Gericht sah dies anders.
Freispruch und der Zweifel
Das Gericht entschied schließlich im Sinne von „im Zweifel für den Angeklagten“ und sprach den Unternehmer von den Vorwürfen frei. Auch die geforderte Genugtuung von 25’000 Franken der Privatklägerin wurde abgelehnt. Der Richter stellte fest, dass in Anbetracht der gesamten Umstände „unüberwindbare Zweifel“ bezüglich der Schuld des Angeklagten bestanden. Zudem wurde die Möglichkeit erkannt, dass Beziehungspersonen suggestiv auf die Erinnerung der Privatklägerin eingewirkt haben könnten, was ihre Aussagen möglicherweise beeinflusste. Das Verfahren kostete den Staat 21’594 Franken, der nun für die Kosten aufkommen muss.
Dieser Fall wirft Fragen über die Art und Weise auf, wie Erinnerungen geformt und beeinflusst werden können, insbesondere in traumatischen Situationen. Experten warnen davor, wie wichtig es ist, solche sensiblen Themen mit Feingefühl und wissenschaftlichem Verständnis zu behandeln.