
Tiefseebergbau: Der Kampf um die Rohstoffe des Meeresbodens
2025-03-17
Autor: Gabriel
In der jamaikanischen Hauptstadt Kingston beginnt ein wichtiger Gipfel, der von der neuen Generalsekretärin Leticia Carvalho eröffnet wird. Diese Wahl folgt auf die umstrittene Amtszeit von Michael Lodge, der wegen seiner Verbindungen zu Unternehmen des Tiefseebergbaus in der Kritik stand. Carvalho, eine erfahrene Ozeanografin, betont die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen für die Ozeane und deren fragile Ökosysteme.
Tiefseebergbau, ein Thema von enormer Relevanz, leidet unter dem Fehlen eines klaren Regelwerks. Eigentlich ist die International Seabed Authority (ISA) für die Genehmigung von Abbauvorhaben zuständig, jedoch gibt es bislang keine einheitlichen Vorschriften. Im Jahr 2023 einigten sich die Mitglieder des ISA-Rates lediglich darauf, dass der kommerzielle Bergbau nur unter strengen Richtlinien stattfinden sollte.
Die Unsicherheit betrifft auch den kanadischen Konzern The Metals Company (TMC), der eine Genehmigung für den Tiefseebergbau im Pazifik beantragen möchte. TMC plant, 2026 mit dem Abbau von Manganknollen zu beginnen, die Rohstoffe wie Mangan, Kobalt, Kupfer und Nickel enthalten und hauptsächlich in der Herstellung von Batterien verwendet werden. Diese Knollen, die als „Batterien in einem Stein“ beschrieben werden, sind ein heiß begehrter Rohstoff, besonders im Hinblick auf die wachsende Nachfrage nach Elektroautos.
Doch die Aussicht auf höheren Rohstoffabbau steht im starken Gegensatz zu den Warnungen von Wissenschaftlern. Die tiefen Gewässer, insbesondere die Clarion-Clipperton-Zone (CCZ), sind ein Biodiversitäts-Hotspot mit vielen noch unbekannten Arten. Ein Bericht der Deep-Ocean Stewardship Initiative aus dem Jahr 2022 zeigt, dass mehr als 90 Prozent der Wissenschaftler den aktuellen Wissensstand über die Tiefsee als unzureichend einstufen, um irreversible Schäden ausschließen zu können.
Die Umweltrisiken sind enorm: Durch den Tiefseebergbau könnten Sedimente aufgewirbelt werden, die kilometerweit Lebensräume vernichten. Eine aktuelle Studie hat zudem gezeigt, dass die Geräusche und das Licht der Bergbauaktivitäten negative Auswirkungen auf über 20 Wal- und Delfinarten in der CCZ haben könnten.
Hinzu kommt, dass die Manganknollen als Lebensraum für zahlreiche Organismen dienen. Die Tiefseeökologin Muriel Rabone betont die Gefahren, die mit der Zerstörung dieses Ökosystems verbunden sind – schließlich ist weniger als ein Prozent der Meeresfläche vollständig erforscht. Der WWF hat aufgrund der Bedrohung der biologischen Vielfalt und des Klimaschutzes einen sofortigen Stopp des Tiefseebergbaus gefordert.
Die Frage, ob der Tiefseebergbau tatsächlich notwendig ist, wird ebenfalls kontrovers diskutiert. Experten schätzen, dass durch effizienteres Recycling von Batterien und einem Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel die Nachfrage nach den gefragten Rohstoffen bis 2050 um bis zu 50 Prozent gesenkt werden könnte. Auch Veränderungen im Verbraucherverhalten und technologische Innovationen könnten die Rohstoffnachfrage verringern.
Während einige Länder wie Norwegen ihre Pläne zur Erschließung der Tiefsee pausiert haben, drängen andere mit wirtschaftlichem Interesse auf eine schnelle Genehmigung. Frankreich hat sich zum Beispiel 2022 für ein umfassendes Verbot des Tiefseebergbaus ausgesprochen, während Staaten wie China und Russland weiterhin in die Erforschung investieren.
Die bevorstehende ISA-Konferenz könnte wegweisend für die Zukunft des Tiefseebergbaus sein. Einige Beobachter bezeichnen das Jahr 2025 bereits als „entscheidendes Jahr“ für diese Thematik. Leticia Carvalho hat jedoch klargemacht, dass noch viele Herausforderungen anstehen. Wie sich die globale Gemeinschaft positioniert und ob endlich ein einheitliches Regelwerk verabschiedet wird, bleibt abzuwarten.