Spanische Grippe in Hannover: Die tödliche Pandemie von 1918 hinterließ eine Spur des Schreckens
2025-01-11
Autor: Nina
Hannover. Die Schatten der Spanischen Grippe reichen bis in die heutige Zeit. Im Herbst 1918 erlebte Hannover eine der verheerendsten Epidemien der Geschichte. Die Symptome dieser gefährlichen Influenza waren verheerend: Kopfschmerzen, Schwindel, Fieber, Schüttelfrost und ein unerbittlicher Husten führten oft zu einem grausamen Ende, bei dem viele Menschen buchstäblich in ihren eigenen Lungen erstickten.
Bis zu 60 Millionen Menschen weltweit könnten an der Spanischen Grippe gestorben sein – das ist dreimal so viel wie die Opfer des Ersten Weltkriegs. In Hannover war die Lage besonders dramatisch, als die Pandemie in zwei Wellen kam und die örtliche Bevölkerung verheerend traf. Der Geschichtsprofessor Gerhard Schneider hat nun die regionalen Auswirkungen dieser Pandemie untersucht und aufgedeckt, wie wenig über diese Tragödie bekannt ist.
Die ersten Berichte über die Erkrankung datieren bereits auf den Sommer 1918. Schriftsteller Friedrich Georg Jünger schrieb an seinen Bruder und berichtete von den mysteriösen Symptomen, die ihn plagten. Ab Herbst 1918 setzte dann ein massives Sterben ein. Die Allgemeine Ortskrankenkasse meldete hunderte Krankheitsfälle, während Scharlatane in den Straßen mit fragwürdigen Heilmitteln und „Schwitz-Apparaten“ ihr Unwesen trieben.
Die Sterberate stieg im Oktober und November drastisch. Doch wie viele Menschen in Hannover tatsächlich der Grippe zum Opfer fielen, bleibt unklar. Historiker Schneider betont, dass trotz der Vielzahl an Traueranzeigen in den Tageszeitungen niemand die Todesfälle statistisch erfasste.
Die Aufarbeitung der Spanischen Grippe ist bis heute eine große Herausforderung. Auch in Hannover wurden nur wenige Informationen in Archiven und Kirchenbüchern gefunden. Die Medien spielten eine entscheidende Rolle: Zunächst bagatellisierten sie die Bedrohung, nur um im Herbst Verhaltensregeln zu propagieren und zu warnen, dass die Influenza eine ernsthafte Gefahr darstelle. Schulen wurden geschlossen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.
Trotz aller Warnungen ergriff die Stadtverwaltung jedoch kaum Maßnahmen gegen die Epidemie. Im Gegensatz zu anderen Städten gab es keine Schließungen von öffentlichen Einrichtungen wie Theatern oder Kirchen. Schneider sieht dafür keine überzeugenden Erklärungen. Die Themen des Ersten Weltkriegs und der Revolution drängten die Gesundheitskrise in den Hintergrund, während die Bürger eine erschreckende Apathie zeigten – vielleicht das Ergebnis der vorangegangenen vier Pflaster, die sie erdulden mussten.
Die Tageszeitungen mussten in dieser Zeit oft die Rolle des Informanten und Verantwortlichen übernehmen, während staatliche Stellen tatenlos zusahen. Diese Versäumnisse der Politik und Verwaltung führen zu dem Schluss, dass die Spanische Grippe in Hannover weitgehend ignoriert wurde und schnell aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwand. Der Historiker Gerhard Schneider zieht eine erschreckende Bilanz: Viele Lehren aus der Geschichte wurden nicht gezogen, und die Bevölkerung zahlte den ultimate Preis für das Versagen der Behörden.
Die Spanische Grippe wird heutzutage oft mit der Covid-19-Pandemie verglichen, da auch sie verheerende soziale, wirtschaftliche und gesundheitliche Folgen hatte. Historiker warnen, dass wir aus der Geschichte lernen müssen, um zukünftige Pandemien besser zu bewältigen. Auch die Rolle der Medien hat sich in Krisenzeiten weiterentwickelt; während sie im Jahr 1918 oft nicht schnell genug reagierten, sind sie heute durch die Schnelllebigkeit digitaler Medien unter Druck, stets aktuell zu berichten.