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Röstis Denkpause beim Verkehrsausbau: Was für die Ostschweiz auf dem Spiel steht

2025-01-29

Autor: Mia

So chaotisch war die Schweizer Verkehrspolitik schon lange nicht mehr. Im vergangenen Herbst hat die Bevölkerung sechs nationale Straßen-Ausbauprojekte abgelehnt. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Beim geplanten Bahn-Ausbau bis 2035 steigen die Kosten prognostiziert von 16 Milliarden auf unglaubliche 30 Milliarden Franken. Bereits im November hatte das Bundesamt für Verkehr angekündigt, Gespräche mit den Kantonen zu führen, was darauf hindeutet, dass bestehende oder in Aussicht gestellte Projekte im Bahnnetz entweder gestrichen oder zumindest verschoben werden könnten.

Verkehrsminister Albert Röst hat nun bestätigt, dass er die vielen geplanten Projekte überprüfen will – eine Neupriorisierung steht auf der Agenda. Das Ziel: herauszufinden, welche Vorhaben für Schiene, Straße und Langsamverkehr in den nächsten zwanzig Jahren tatsächlich umsetzbar und notwendig sind. Für diese umfassende Analyse wurde Ulrich Weidmann, ein ETH-Professor für Verkehrssysteme, beauftragt. Die Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Momentan läuft die Planung der einzelnen Projekte jedoch weiter.

Besonders um die Bahnstrecke zwischen Winterthur und St. Margrethen wird gebangt, denn das größte Vorhaben in der Ostschweiz beinhaltet den Ausbau dieser Strecke. Ein zentrales Ziel ist es, die Fahrzeiten für die Schnellzüge zu verkürzen, was eine Voraussetzung für den Vollknoten am Bahnhof St. Gallen ist, der schlanke halbstündliche Anschlüsse vom Fern- zum Regionalverkehr ermöglichen soll.

Nun stellt sich die Frage: Wie wird es mit dieser wichtigen Strecke weitergehen? Das Bundesparlament hat den Streckenausbau gefordert, doch entschieden ist bislang wenig. Wo und wie genau die Ostschweizer Strecke ausgebaut werden soll, bleibt unklar, ebenso wie die Kosten.

Positiver wurde der Bahn-Ausbauschritt 2035 beurteilt, wobei dieser keine konkreten Großprojekte in der Ostschweiz umfasst. Der Bund plante jedoch Investitionen von etwa 400 Millionen Franken in die Kantone St. Gallen und Thurgau. Doch auch diese 15 Projekte sind nun in der Schwebe.

Eines der größten Vorhaben, das sich auf den Bahnhof St. Gallen bezieht, steht unter Druck. Mit rund 70 Millionen Franken will man sicherstellen, dass der Bahnhof sich zum Vollknoten entwickeln kann und ausreichenden Platz für die Züge bietet. Ursprünglich musste aufgrund des Gleisausbaus die vielbefahrene Rosenbergstraße umgebaut werden, diese Idee wurde jedoch aufgegeben.

Das BAV plant, dass die Erweiterung im Bahnhof St. Gallen bis 2030 abgeschlossen sein soll, da diese Maßnahme für die geplanten Verbesserungen im Fahrplan 2035 unverzichtbar ist. Ob der ETH-Experte in der Analyse die gleiche Schlussfolgerung zieht, bleibt abzuwarten.

Ein weiteres dringendes Projekt im Thurgau, das realisiert werden sollte, war der Ausbau eines vierten Perrons in Kreuzlingen für 14 Millionen Franken bis Ende 2027, sowie Gleisausbauten in Frauenfeld für 64 Millionen Franken bis Ende 2028. Diese Projekte stehen jetzt ebenfalls auf der Prüf- und Warteliste, da auch sie von der neuen Priorisierung betroffen sind.

Insbesondere das prominente Bahnprojekt in Rorschach, die Doppelspur zwischen Rorschach Stadt und Rorschach Hauptbahnhof, hat sich bereits deutlich nach hinten verschoben. Der letzte einspurige Abschnitt zwischen Bodensee und Genfersee sollte ursprünglich bis 2032 betriebsbereit sein, aber jetzt wird die Fertigstellung frühestens für das Jahr 2040 erwartet.

Deutliche Differenzen gibt es auch beim Autobahnausbau: Hier sieht der Bund zwar aktuell kein akutes Kostenproblem, jedoch eine deutliche Skepsis seitens der Bevölkerung, wie die Abstimmungsresultate vom letzten November zeigen. Daher müssen auch die Vorhaben im Nationalstraßen-Entwicklungsprogramm überprüft werden. In der Ostschweiz sind hier die N23 (Thurtal-Bodensee), die N25 (St. Gallen-Appenzell) und der Abschnitt zwischen St. Gallen-Neudorf und Meggenhus auf der A1 betroffen.

Ein weiteres heiß diskutiertes Thema ist der Rosenbergtunnel, obwohl die Bevölkerung gegen die dritte Röhre gestimmt hat. Verkehrsminister Röst verweist darauf, dass alle abgelehnten Autobahnprojekte ebenfalls Teil der Analyse sind und erneut bewertet werden. Es könnte also durchaus sein, dass einige dieser Projekte in angepasster Form wieder auf den Tisch kommen. „Wir werden den Volkswillen respektieren“, verspricht Röst.

Der Minister strebt zudem eine engere Koordination des Ausbaus von Schiene, Straße und Langsamverkehr an – unter dem Stichwort „Verkehr 45“. Im Jahr 2027 soll das Parlament über alle Verkehrsträger gleichzeitig diskutieren und Investitionsentscheidungen treffen. Dies könnte entscheidend für die zukünftige Verkehrsstrategie in der Ostschweiz werden.