MV Agusta: 49,9 Prozent unter Druck - Was kommt als Nächstes?
2024-12-12
Autor: Emma
MV Agusta, bekannt für seine legendären Rennsport-Erfolge und sein ikonisches Design, steht erneut am Abgrund der Insolvenz. Trotz brillanter Performance und innovativer Technologien wird die Marke, die 1945 gegründet wurde, von Misswirtschaft und finanziellen Schwierigkeiten gezeichnet.
Die Unternehmensgeschichte ist geprägt von zahlreichen Eigentümerwechseln und finanziellen Rückschlägen. Nachdem 1977 die Produktion eingestellt wurde, versuchte die Castiglioni-Gruppe, die Marke 1992 wiederzubeleben. Im Jahr 2008 übernahm Harley-Davidson MV Agusta für rund 70 Millionen Euro, stieß die Marke jedoch 2010 wieder ab.
Nach dem Tod von Claudio Castiglioni im Jahr 2011 übernahm sein Sohn Giovanni die Geschäfte, was zur fast vollständigen Zerschlagung des Unternehmens führte. Giovanni senkte eine Reihe von Preisen, ohne die Produktionskosten entsprechend anzupassen, was zu erneuten finanziellen Schwierigkeiten führte. Im Jahr 2017 war MV Agusta erneut pleite.
Die Rettung kam durch die Black Ocean Investment Group des Russen Timur Sardarov, der 2016 ein Darlehen gewährte und 2017 die Kontrolle über die Marke übernahmen konnte, nachdem er Anteile von Mercedes' AMG-Gruppe aufgekauft hatte. Sardarov stellte sich als CEO ein, während Giovanni Castiglioni eine untergeordnete Rolle einnahm, bevor er 2019 das Unternehmen verließ.
Am 29. Dezember 2022 verkündete ein Gericht in Varese, dass MV Agusta alle finanziellen Verpflichtungen beglichen hat, was als Signal für das Ende der Restrukturierungsmaßnahmen gedeutet wurde. Doch der Schein trügt offenbar.
Seit September 2022 intensiviert die KTM AG, Tochterunternehmen der Pierer Mobility Gruppe, die Zusammenarbeit mit MV Agusta und übernahm den weltweiten Vertrieb. KTM hat zudem 25,1 Prozent der Anteile gekauft, was die Kontrolle über die Produktions- und Lieferkette bedeutet. Ein weiteres 25-Prozent-Paket wurde im März 2024 erworben, wodurch KTM nun 50,1 Prozent der Anteile besitzt.
Doch nun steht MV Agusta erneut vor einer kritischen Wende: Am 29. November 2024 stellte die KTM-Gruppe einen Antrag auf Eigenverwaltungsverfahren, welches vor allem auf die enorme Schuldenlast von 1,5 Milliarden Euro zurückzuführen ist. Dieser Schritt könnte bedeuten, dass KTM sich vollständig von MV Agusta trennt.
Die Übernahme der Lieferkette durch KTM hat bereits spürbare Auswirkungen. Obwohl Sardarov 49,9 Prozent des Unternehmens besitzt, stellt sich die Frage, wer tatsächlich die Kontrolle über die Produktion hat, da KTM sämtliche Bestellungen und Produktionsentscheidungen trifft. Bleiben die Bestellungen aus, muss Sardarov die laufenden Kosten allein tragen.
Darüber hinaus wird die Situation für MV Agusta zunehmend komplizierter. Der Markt für italienische Motorräder ist aufgrund der Intensivierung der KTM-Verkäufe über KTM-Händler stark eingeschränkt. Insider berichten, dass MV Agusta in Varese nicht einmal über grundlegende Produktionsmittel verfügt, was die Situation zusätzlich verschärft. Lieferanten fühlen sich im Stich gelassen und könnten selbst gefährdet sein, da sie bereits Einbußen erlitten haben und in Zukunft nur noch gegen Vorkasse liefern wollen.
Sardarov steht somit vor einer enormen Herausforderung. Ein insider berichtete, dass er, wenn er nicht mit leeren Händen dastehen möchte, seine Anteile zurückkaufen muss, um unabhängig von KTM zu werden. Die Frage ist, ob er einen Investor finden kann, um die Anteile von KTM zurückzukaufen oder letztendlich entscheiden muss, die Anteile zu verkaufen. Momentan gehören ihm 49,9 Prozent – jedoch sind diese fast nichts wert.
Die Zukunft von MV Agusta bleibt fraglich, und die Frage, ob sich die Marke aus dieser kritischen Lage befreien kann oder ob sie erneut in die Insolvenz stolpern wird, bleibt spannend. Enthüllungen über die internen Vorgänge und mögliche Rettungsstrategien könnten in den kommenden Wochen das Schicksal der berühmten Motorradmarke bestimmen.