
Multiple Sklerose: Vitamin D könnte den Ausbruch dieser Nervenkrankheit verzögern
2025-04-08
Autor: Leonardo
Kann ein einfaches Vitamin die Entwicklung einer so schweren Erkrankung wie der Multiplen Sklerose (MS) verlangsamen? Eine neue bahnbrechende Studie aus Frankreich wirft ein neues Licht auf diese Frage. In Deutschland leben schätzungsweise rund 280.000 Menschen mit MS, einer der häufigsten neurologischen Erkrankungen bei jungen Erwachsenen. Diese chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems verursacht, dass das Immunsystem fälschlicherweise eigene Nervenstrukturen angreift, was zu Lähmungen, steifen Gliedmaßen und erheblichen Sehstörungen führen kann.
Die französische Studie zeigt vielversprechende Ergebnisse: Eine hochdosierte Einnahme von Vitamin D könnte den Krankheitsverlauf bei MS-Patienten signifikant verzögern, und die Ergebnisse entsprechen in ihrer Wirkung einer klassischen Immuntherapie – die jedoch oft mit Nebenwirkungen verbunden ist. Dennoch warnen deutsche Experten vor voreiligen Schlüssen und der Selbstmedikation.
Was ist Immuntherapie?
Immuntherapien sind Behandlungsmethoden, die darauf abzielen, das eigene Immunsystem zu stärken oder zu modulieren, um entzündliche Prozesse zu hemmen und die schubfreie Zeit zu verlängern. Patienten mit schubförmiger MS profitieren häufig von solchen Therapien, aber die Forschung zeigt, dass auch Vitamin D einen positiven Effekt haben könnte.
In der aktuellen Untersuchung erhielten die Teilnehmer mit einem klinisch isolierten Syndrom – das erste Anzeichen einer MS – über zwei Jahre hinweg alle zwei Wochen 100.000 Internationale Einheiten (IU) Vitamin D3. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: In der Vitamin-D-Gruppe traten in 60 Prozent der Fälle Schübe auf, verglichen mit 74 Prozent in der Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielt. Auch die Zeit bis zum nächsten Schub war in der Vitamin-D-Gruppe signifikant länger mit durchschnittlich 432 Tagen im Vergleich zu 224 Tagen.
Könnte Vitamin D die Immuntherapie ersetzen?
In einer Untergruppe wurden zudem Patienten mit bereits diagnostizierter schubförmiger MS untersucht. Auch hier zeigten sich positive Effekte der Vitamin-D-Gabe. Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, betont, dass diese Beobachtungen in der Frühphase der MS von erheblicher Bedeutung sein könnten und es daher wert sei, diesen Ansatz weiter zu erforschen.
Vorsicht vor Selbsttherapien
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse warnen Experten eindringlich vor einer unkontrollierten Einnahme von hochdosiertem Vitamin D. Ohne ärztliche Kontrolle kann die Einnahme zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen wie Nierenschäden oder Herzrhythmusstörungen führen. Viele Personen sind sich ihres eigenen Vitamin-D-Spiegels nicht bewusst, was das Risiko erhöht.
Prof. Dr. Achim Berthele, Neurologe an der TU München, erklärt, dass nur sorgfältig ausgewählte Patienten an der Studie teilnehmen durften, was zeigt, wie wichtig eine ärztliche Begleitung ist. Eine hohe Kalziumkonzentration im Blut, bekannt als Hyperkalzämie, kann ebenfalls Lebensgefahr bedeuten und ist eng mit Vitamin D verknüpft. Daher ist es entscheidend, Risiken und Nutzen gemeinsam mit einem Arzt abzuwägen.
Vitamin D: Ein ergänzender Ansatz, kein Ersatz
Professor Berthele hebt hervor, dass die aktuellen Ergebnisse zwar ermutigend sind, jedoch nicht ausreichen, um bestehende Therapien zu ersetzen. „Zu diesem Zeitpunkt sollte niemand, der auf eine Immuntherapie eingestellt ist, die Behandlung absetzen und auf Vitamin D umsteigen“, warnt er. Eine regelmäßige Überprüfung des Vitamin-D-Spiegels sei besonders wichtig, und Werte zwischen 50 und 125 nmol/l gelten als normal. Bei Nachweis eines niedrigen Spiegels kann eine tägliche Zufuhr von bis zu 4.000 IU unter ärztlicher Kontrolle sinnvoll sein. Deshalb ist es entscheidend, die Bedeutung einer Vitamin-D-Bestimmung zu betonen, insbesondere zu Beginn einer MS-Diagnose.