Nation

Migros: Kontroversen um Micarna-Schlachthof in Saint-Aubin

2024-09-24

Die Nachfrage nach Pouletfleisch in der Schweiz steigt stetig an, und um dieser Entwicklung gerecht zu werden, plant die Migros-Tochter Micarna den Bau der größten Pouletfabrik des Landes im kleinen Dorf Saint-Aubin im Kanton Freiburg. Geplant ist, dort jährlich 31 Millionen Poulet zu schlachten, was wöchentlich etwa 600.000 Tieren entspricht. Diese neue Anlage soll den über 60 Jahre alten Schlachthof in Courtepin ersetzen. Doch das Vorhaben stößt auf erheblichen Widerstand in der Gemeinde: Über 1800 Einsprachen sind gegen das Projekt eingegangen.

Ein zentraler Punkt der Kritik sind die möglichen Auswirkungen auf die Umwelt und die Lebensqualität der Einheimischen. Die Gegner der Micarna-Fabrik, darunter auch die Organisation Greenpeace und die Tierechtsbewegung MicarNo, argumentieren, dass die bereits hohe Verkehrsbelastung durch die neue Einrichtung weiter zunehmen würde. Zudem seien die Bedenken bezüglich Lärm, Gestank und einer potenziellen Schädigung des lokalen Ökosystems groß. Alaric Kohler vom Bürgerverein Eco-Transition la Broye äußert sich besorgt über den steigenden Wasserverbrauch in einer Region, die sich in der Nähe eines bedeutenden Naturschutzgebiets befindet. Viele Einwohner fordern, den Fleischkonsum in der Schweiz eher zu reduzieren, statt ihn weiter zu fördern.

Seitens der Migros wird betont, dass zahlreiche Bedenken in der Planungsphase berücksichtigt worden seien. Ein Sprecher der Migros kündigte an, dass eine neue Kläranlage für die Fabrik installiert werden solle und dass die Anlage durch Fotovoltaikanlagen ihren eigenen Strom erzeugen werde. Die neue Pouletfabrik soll damit umweltfreundlicher und nachhaltiger sein als die alte in Courtepin. Die Ansiedlung von Betrieben vor Ort könnte zudem die Transportwege verkürzen, da viele Landwirte in der Region bereits Pouletmast betreiben.

Der Gemeindeverwaltung geht es jedoch nicht nur um wirtschaftliche Aspekte. Gemeindepräsident Willimann befürwortet das Projekt und verweist auf die Aussicht auf bis zu 500 neue Arbeitsplätze in Saint-Aubin. Zudem wird das seit Jahren ungenutzte Agrico-Gelände revitalisiert. Laut dem Kanton Freiburg ist geplant, am Agrico-Campus, der verschiedene Unternehmen aus dem Ernährungssektor anziehen soll, über 1500 Arbeitsplätze zu schaffen. Kritiker hingegen sehen in einem Pouletschlachthof keine Innovationskraft.

Die Kontroversen rund um das Projekt dürften die Gemeinde weiterhin beschäftigen. Willimann hat erklärt, dass er sich fast täglich mit den Einsprachen auseinandersetzt. Sollte es zu einer Ablehnung der Einsprachen kommen, haben einige Gegner bereits angedeutet, vor Gericht zu ziehen, was den ursprünglich für den kommenden Sommer geplanten Baustart möglicherweise verzögern könnte. Der Betrieb der neuen Micarna-Fabrik wäre demnach für 2028 angedacht. Die Diskussion zeigt einmal mehr, wie komplex die Verknüpfungen zwischen Landwirtschaft, Umweltschutz und Wirtschaft in unserer Zeit sind.