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LGBTQ-Verein Ostschweiz: Jugendleiter eröffnet nach Skandal eine Sexualberatung

2025-01-07

Autor: Lara

Ein neuer Raum für Gespräche über Partnerschaften und sexuelle Bedürfnisse – das verspricht Andreas T. (Name geändert) auf seiner neuen Website für die Sexualberatung, die er seit September in der Ostschweiz anbietet. Doch hinter diesem Angebot steckt eine höchst umstrittene Vergangenheit: T. war bis vor kurzem Jugendberater im Verein 'Sozialwerk.LGBT+', den er mitgegründet hat.

Im April sorgte eine Enthüllung für Aufregung, als bekannt wurde, dass Andreas T. und sein Ehemann in einen Missbrauchsskandal verwickelt waren. Die Staatsanwaltschaft St. Gallen führt gegen beide ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität. Dies wird auf Anfrage von der Staatsanwaltschaft bestätigt, während die Unschuldsvermutung gilt.

Der Ehemann von T. gab an, dass das Paar im Sommer 2023 eine sexuelle Dreiecksbeziehung mit einem damals 17-jährigen Teenager, genannt Alexander, führte. Alexander suchte Zuflucht im Verein, nachdem er jahrelang aufgrund seiner Homosexualität diskriminiert und angegriffen wurde.

„Die jungen Leute, die zu uns kommen, sind oft traumatisiert und haben Erfahrungen mit Mobbing gemacht“, erklärte der Ehemann von T. Die Treffen des Vereins boten Jugendlichen ab 13 Jahren einen wichtigen Raum in einer eher konservativen Region.

Alexander war etwas über 18 Jahre alt, als er die Beziehung zu den über 40-jährigen Vereinsleitern beendete, da es ihm „zu viel“ wurde. In sozialen Medien äußerte er, er „hasste“ Andreas T. Der Vorfall hat in der queeren Community für einen Eklat gesorgt und die Mitgliedschaft des 'Sozialwerks.LGBT+' in wichtigen Verbänden wie Pink Cross und der Transgender Network Switzerland wurde sistiert.

Trotz des Skandals eröffnete Andreas T. im September seine Praxis für Partnerschaft und Sexualität, die auch Familienberatungen anbietet. Die Kosten hierfür steigen auf bis zu 150 Franken pro 90 Minuten. Auf die Vorwürfe und die neue Praxis wollte sich Andreas T. nicht äußern, jedoch zeigt sein Anwalt Zuversicht für eine mögliche Einstellung des Verfahrens.

Avenir Social, der Berufsverband für Soziale Arbeit in der Schweiz, hat jedoch klar gemacht, dass es unabhängig von der rechtlichen Situation keine Toleranz für Grenzverletzungen gibt. „Sexuelle Beziehungen im Rahmen von Beratungsangeboten sind inakzeptabel“, so Annina Grob, Co-Geschäftsführerin von Avenir Social. T. war noch im vergangenen Jahr Mitarbeiter, wurde jedoch seit dem Sommer nicht mehr aufgeführt.

Roman Heggli, Geschäftsführer von Pink Cross, äußerte sich entsetzt über das neue Angebot von Andreas T. und bezeichnete es als unprofessionell. Dies zeige, dass es in der Schweiz kein geeignetes System zur Qualitätssicherung für Berater gebe, und forderte mehr Schutz für vulnerable Menschen.

Judita Arenas, Sexologin und Geschäftsführerin der Fachstelle der Aids-Hilfe Graubünden, betonte, dass die Vorfälle nicht nur die queere Community, sondern alle verantwortlichen Stellen belasten. „Die Konsequenzen spüren wir im gesamten Bereich der queerfeministischen Arbeit“, erklärte Arenas, die darauf hinweist, dass es große Anstrengungen gibt, um sowohl Sichtbarkeit zu schaffen als auch Unterstützung anzubieten.

Im Juni wurde die Plattform Queergr.ch ins Leben gerufen, um Menschen über queere Angebote zu informieren und den Austausch zu erleichtern. Dies soll helfen, die Herausforderungen und Unsicherheiten, mit denen queere Menschen konfrontiert sind, besser zu bewältigen und gleichzeitig eine positive Veränderung in der Gemeinschaft zu fördern.