Kulturförderung in Bern: Mindestgage für Rockbands sorgt für heftige Kontroversen
2024-11-16
Autor: Louis
Im beliebten Café Kairo in Bern haben seit über 25 Jahren zahlreiche Rockbands ihre Auftritte gefeiert. Doch diese Tage scheinen vorbei zu sein, denn die Einführung einer Mindestgage für Musiker sorgt für große Aufregung in der Kulturszene. Die Wirtin Trine Pauli betont: "Es hat immer Spaß gemacht, doch jetzt sind wir mit echten Herausforderungen konfrontiert."
Die Stadt Bern hat beschlossen, den Kulturbetrieb zu professionalisieren. Ab diesem Jahr werden nur noch Orte gefördert, die bereit sind, mindestens 500 Franken pro Auftritt zu zahlen, dazu kommen Sozialabgaben. Das bedeutet, dass eine vierköpfige Band, einschließlich eines Technikers, rund 3000 Franken für einen Auftritt verlangen müsste. Eine Summe, die für viele alternative Kulturstätten wie das Café Kairo schlichtweg unerschwinglich ist.
Die Entscheidung, die Mindestgagen festzulegen, ist Teil eines umfassenden Plans, um die Kunst- und Kulturbranche in der Hauptstadt zu reformieren. "Wir brauchen faires Geld für die Künstler, die oft an der Armutsgrenze leben", erklärt Franziska Burkhardt, Leiterin der Kulturförderung der Stadt Bern. Sie räumt jedoch ein, dass diese Änderungen Zeit benötigen, um sich in der Szene zu etablieren.
Die unmittelbaren Konsequenzen sind gravierend: Die Stadt wird künftig weniger Projekte unterstützen können. Burkhardt gibt zu, dass es sogar bis zu 50 Prozent zusätzliche Mittel benötigt, um die bestehende Förderung aufrechtzuerhalten. Besonders leidet darunter die Rock-, Pop-, Jazz- und Literaturszene, in der viele Künstler von Auftritt zu Auftritt leben.
Während das Bundesamt für Kultur auch eine Erhöhung der Löhne fordert, wird die Realität in der Kulturszene zunehmend besorgniserregend. "Die Covid-Pandemie hat uns die Augen geöffnet", meint Burkhardt, "und wir müssen jetzt handeln, bevor es zu spät ist."
Dennoch sind nicht alle mit den neuen Regelungen glücklich. Diego Dahinden, vom Verband nicht-kommerzieller Musikclubs und Festivals „Petzi“, verspricht: "Eine pauschale Mindestgage wird der Vielfalt der Musikszene nicht gerecht. Das Engagement und die Erfahrung von Künstlern müssen ebenfalls Berücksichtigung finden."
Er warnt davor, dass dies zu einer Zweiklassengesellschaft innerhalb der Musikbranche führen könnte. Auf der einen Seite wären die gut geförderten Veranstalter mit den festgelegten Mindestgagen, auf der anderen Seite die alternativen Musiker, die sich verstärkt selbst ausbeuten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Trotz der Herausforderungen plant das Café Kairo, die Welle der Veränderungen zu reiten. Im Jahr 2025 soll die Beiz laut neuen Förderstrukturen mehr als doppelt so viel Geld erhalten wie bisher, was eventuell bessere Gagen ermöglicht. "Wir müssen jetzt mit den Karten spielen, die wir haben", sagt Pauli gelassen.
Eine der drängendsten Fragen bleibt, wie es mit Nachwuchsbands weitergeht, die oft bereit sind, sogar kostenlos im Kairo aufzutreten. Außerdem hat die Branchenorganisation Sonart bisher keine verbindlichen Richtgagen festgelegt, was die Unsicherheit in der Musikszene nur verstärkt. Um die Künstler zu unterstützen, plant das Bundesamt für Kultur die Einführung einer Informationswebsite speziell für Rockmusiker, um ihnen eine klare Orientierung zu bieten.
In der sich rasch verändernden Kulturszene von Bern stehen allen Beteiligten aufregende, aber auch besorgniserregende Zeiten bevor. Wie werden sich die Künstler und Spielstätten anpassen, um im neuen Umfeld erfolgreich zu sein? Es bleibt abzuwarten, ob sich der angestrebte Kulturwandel als Segen oder Fluch herausstellt.